Chat-Transkript vom 01.06.2005

Christoph Bautz, Politikwissenschaftler, Mitarbeiter bei Campact.de

Thema: Softwarepatente

: Pascale hat den Raum betreten
: Christoph_Bautz hat den Raum betreten
: Pascale hat den Raum betreten
Pascale: Hallo Herr Bautz ;-) Mein Name ist Rolf Schnell und wir hatten das Vergnügen in den letzten Tagen und Wochen mehrmals per Mail in Kontakt zu sein.
Pascale: Es freut mich, dass es Heute geklappt hat.
Christoph_Bautz: Hallo Rolf Schell, ich freue mich auf eine spannende Diskussion.
Pascale: Wird sicherlich interessant werden ;-)
Pascale: Der Moderator müßte auch gleich kommen.
: Moderator hat den Raum betreten
Moderator: Guten Tag und herzlich willkommen :) Oliver hier.
Pascale: Ahhh. Da ist er ja ;-)
Moderator: Tut mir leid für die Verspätung.
Pascale: auf die Minute da. Was will man mehr.
Moderator: Ich heisse auch die Mitleser herzlich willkommen und würde alle bitten, sich kurz vorzustellen.
Pascale: Dann will ich mal schnell anfangen. Mein Name ist Rolf Schnell, besser bekannt bei dol2day als Pascale. Ich vertrete im Moment als Vizekanzler die 17. Internetregierung und freue mich, dass der Chat Heute mit Herrn Bautz zu stande gekommen ist
Moderator: Für Dich zur Info, Christoph: Mein Name ist Oliver und ich bin einer der sechs Leute in der Redaktion von dol2day.
Moderator: Könntest Du Dich auch kurz vorstellen und kruz beschreiben, was campaict genau ist, Christoph?
Moderator: campact, sorry :)
Christoph_Bautz: Ich bin einer der Gründer von Campact, das im Internet ein Netzwerk politisch aktiver Bürgerinnen und Bürger knüpft. Campact gibt Menschen mit wenig Zeit für sonstige politische Arbeit politische Handlungsmöglichkeiten per Internet Einfluss auf die Politik zu nehmen. Menschen bekommen hierfür sehr einfache Instrumente an die Hand – werden aufgerufen ein Fax zu schicken, eine Email zu versenden, einen Telefonanruf zu führen. Derzeit organisieren wir zwei Kampagnen zu aktuellen politischen Themen: Der Veröffentlichung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten und der Entscheidung über Softwarepatente im Europäischen Parlament. Aber um zweiteres soll es ja erst nächste Woche gehen.
Moderator: Vielen Dank. Das Thema heute sind wie bereits von Dir erwähnt die Nebeneinkünfte von Politikern. Was sind (ausser der Mötlichkeit, eMails und Faxe zu schicken) die einflussmöglichkeiten, die ihr vorschlagt, bzw. anbietet?
Moderator: Und habt ihr bereits Erfolge zu verbuchen?
Pascale: Als weitere Frage, die wohl einige interessieren würde: Brauchen wir einen gläsernen Abgeordneten?
Christoph_Bautz: Menschen können bei uns auf der seite aktiv werden, E-mail-Petitionen unterschreiben, Faxe verschicken, sich an ihre Abgeordneten wenden etc. Gerne machen wir auch Aktionen im Übergang zwischen realen und virtuellen Raum. So haben wir argumente für ein Referendum zur EU-verfassung gesammelt, die sich zu einem Argumenteteppich zusammensetzen.
Christoph_Bautz: Die Skandale Anfang des Jahres haben gezeigt: Das Ausmaß der politischen Landschaftspflege, dass heißt der Verflechtung zwischen Unternehmensinteressen und parlamentarischer Arbeit ist erschreckend. Daraus müssen Konsequenzen gezogen werden: Lobbyismus muss so weit wie möglich dorthin zurückgedrängt werden wo er eigentlich hingehört – in die Lobby, den Vorraum des Parlaments. Bürger/innen müssen wissen, welche Abgeordneten ihre Belange und welche möglicherweise in erster Linie die Belange einzelner Unternehmen oder Interessengruppen vertreten. Deswegewn müssen alle Informationen auf den Tisch.
Pascale: Wie ist die Resonanz auf die e-Mail Aktion, die von campact.de, transparency, BUND, mehr-demokratie und attac unterstützt wird?
Moderator: Drängt man dadurch den Lobbyismus nicht u.U. immer mehr in den Hintergrund, bzw. in den illegalen Bereich, der dann gar nicht mehr einsehbar ist?
Christoph_Bautz: Zu den Erfolgen: Das Thema Nebeneinkünfte drohte in den Ausschüssen zu versanden. Mit E-Mail-Aktion an den Ältestenrat des Bundestages haben wir im April Druck für eine weitreichende Veröffentlichungspflicht gemacht. Über 1.500 menschen haben sich kurzfristig beteiligt. seitdem ist der Prozess wieder ins Laufen gekommen. Was die Neuwahlen allerdings jetzt dafür bedeuten, muss man in den nächsten Tagen sehen.
Pascale: Es hieß vor kurzem, dass am 30.06.2005 ein Gesetz verabschiedet werden soll. Hoffentlich wird dies nicht wegen der aktuellen Geschehnisse nach hinten verschoben bzw. fallen gelassen.
Christoph_Bautz: Genau im Hintergrund spielt sich ja jetzt schon Lobbyismus ab - gerade durch Zahlungen und daraus resultierenden abhängigkeiten, die der Öffentlichkeit nicht bekannt werden. Allerdings ist klar, dass eine Veröffentlichungspflicht der Nebeneinkünfte nicht das ganze Problem löst. weitere Maßnahmen müssen folgen, wie z.B. Abkühlphasen beim Wechsel von der Politik in die Wirtschaft und umgekehrt.
Moderator: Frage von rJe an Christoph Bautz:    "Sind eMail-Petitionen denn erfolgsversprechend? Werden die nicht einfach alle einfach gelöscht oder gar als Spam angesehen?"
Christoph_Bautz: Bis zum 30.6. sollte eine Veröffentlcihungspflicht her - allerdings nur in Einkommensstufen. Das wäre aber ein Schritt in die richtige Richtung. Am 2. Juni soll im Ältestenrat ein Gesetzestext voprgelegt werden, der dann schnell den parlaentrischen Weg nehmen soll. Mal sehen, ob das unter den Ereignissen der letzten Tage zu leiden hat. Das ist aber sicherlich zu befürchten.
Pascale: Da liegt es dann an uns und auch an campact, dass dies nicht passiert. wir haben ja schon lange genug darauf gewartet.
Christoph_Bautz: Die E-Mails an den Ältestenrat waren zumindest sehr erfolgreich und der Fraktionsgeschäftsführer der SPD hat auf seiner wöchentlcihen Pressekonferenz bekundet, das die Aktion für Wirbel gesorgt hat. Außerdem haben verschiedene Medien drüber ausführlich berichtet - wie spiegel-online, heise.de und taz. Dadurch erhöht sich der Druck auf die Politik, das Thema nicht wieder in der Versenkung verschwinden zu lassen.
Moderator: Frage von Rollenspieler an Christoph Bautz:    "wieviele Abgeordnete legen ihre Einkünfte offen und wieviele weigern sich das zu tun ?"
Christoph_Bautz: Auf unserer Webseite www.campact.de veröffentlichen wir eine Aufstellung, welche Abgeordneten schon freiwillig Nebeneinkünfte offen legen oder keine haben. Die Hälfte haben keine oder legen offen. Die schwarzen Schafe sind eindeutig in der Minderzahl, besetzen allerdings häufig einflussreiche Posten...
Moderator: Frage von igby an Christoph Bautz:    "Sollte man nicht regionale Kampagnen in den einzelnen Wahlkreisen der Politiker starten und diese dann ggf. zentral auf einer Webseite bündeln, um so Druck auszuüben?"
Christoph_Bautz: Auf unserer Webseite kann man seinen Wahlkreisabgeordneten direkt schreiben und Transparenz einfordern. Abgeordnete reagieren nämlcih besonders sensibel auf Zuschriften aus ihrem Wahlkreis - schließlich handelt es sich ja um potentielle Wähler.
Moderator: Frage von horschd an Christoph Bautz:    "Aus welchen Fraktionen kommen überwiegend die Abgeordneten, welche nicht freiwillig die Einkünfte offenlegen?"
Christoph_Bautz: Tendenziell von CSU, CDU und FDP, bei den Grünen legen die meisten offen.
Pascale: Warum haben alle Parteien bis auf die FDP eine Neuregelung in Angriff genommen, um für mehr Transparenz bei den Nebeneinkünften zu sorgen. Was war der Grund, dass die FDP hier nicht gleichgezogen ist?
Moderator: Frage von Rollenspieler an Christoph Bautz:    "Sollte man mit einem solchen Amschreiben bis nach der Neuwahl warten ?"
Christoph_Bautz: Naja, die Union zieht auch nicht gerade mit bei einer Neuregelung. Sie wollen die Strafen verschärfen. Das weckt den Schein von Aktivität, bringt aber wenig. Abgeordnete müssten dann künftig Geldbußen zahlen, wenn sie ihre Nebentätigkeiten verheimlichen und gegen die Verhaltensregeln des Bundestages verstoßen. Damit wird der zweiten Schritt vor dem ersten gefordert: Nur wenn öffentlich wird, welche Einkünfte Abgeordnete erhalten, kann man feststellen, ob ein Verstoß gegen die Verhaltensregeln oder gar das Strafgesetzbuch vorliegt – ohne Transparenz sind wir weiter auf Indiskretionen und Enthüllungen angewiesen. Die FDP sieht die Interessen von Selbstständigen gefährdet, für die man aber Ausnahmeregelungen finden könnte
Christoph_Bautz: Nach den Neuwahlen sind die Chancen für mehr Transparenz sicher nicht besser. Deswegen müssen wir jetzt schnell noch mehr Druck machen.
Pascale: Zudem wissen wir nicht, wann die Neuwahlen kommen. Daher jetzt mehr Druck ausüben, damit es noch vor den Ferien durch kommt.
Moderator: Ist es nicht sinnvoller generell Nebeneinkünfte für Politiker zu verbieten, zumindest in der Form, daß ein Abgeordneter gleichzeitig im Vorstand großer Firmen sitzen darf?
Christoph_Bautz: Ein Verbot ist problematisch, weil man dann bestimmte Gruppen aus dem Parlament ausschließen würde. DAs würde gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetztes verstoßen. Durch mehr Transparenz überläßt man den Bürgern die Entscheidung - sie sind das entscheidende Korrektiv in einer Demokratie.
Moderator: Das Korrektiv ist aber immens schwach, wenn ich alle 4 Jahre jemanden (ab)wählen kann, der u.U. täglich "mauschelt".
Moderator: Frage von Rollenspieler an Christoph Bautz:    "Wie könnte eine solche Ausnahmeregelung für Selbstständige ausssehen und wäre das nicht eine zu weite Ausnahmeregelung ? "
Moderator: von -Toleranz-: "Die Neuwahlen finden am 16.09.05 stattt "
Christoph_Bautz: Eine Ausnahmeregelung dürfte es dann nur in begründeten Ausnahmefällen geben und der Grund wäre zu veröffentlichen. Rot-grün versucht das Problem mit einer Veröffentlichung in Einkommensstufen zu begegnen. Das kann man erst mal machen - aber dann müssen weit mehr Stufen gerade im unteren Bereich eingeführt werden, als das der jetzige Vorschlag vorsieht. Sonst gewinnen wir kaum Transparenz.
Moderator: Frage von Rollenspieler an Christoph Bautz:    "Können sie mal eine Berufsgruppe nennen, die ausgeschlossen wird, wenn man Nebeneinkünfte verbietet ?"
Christoph_Bautz: Die Bürger entscheiden natürlich nur alle vier Jahre - aber dazwischen sind die Medien wichtig, die Abgeordnete anschießen können, wenn sie zu Nebeneinkünfte gerade von Großkonzernen erhalten und dann über Gesetze die die Unternehmen betrefen entscheiden - aber das funktioiniert auch nur mit mehr Transparenz.
Christoph_Bautz: Zu der Berufsgruppe: Bei Selbstständigen, so wird argumentiert, entsteht ein Problem wenn die Konkurrenz über die finanzielle Situation Bescheid weiß. Aber ob dem so ist, muss man im Einzelfall entscheiden.
Moderator: Frage von -Toleranz- an Christoph Bautz:    "wobei die Nebenverdienste unserer "Volksvertreter" eben zu über 90% NICHT imm unteren Bereich angesiedelt sind, eher im oberen und höchsten Bereich"
Moderator: Frage von igby an Christoph Bautz:    "Sollte man nicht die staatliche Parteienfinanzierung in Deutschland ganz abschaffen?"
Christoph_Bautz: Die Nebeneinkünfte der meisten Abgeordneten, die welche haben sind im unteren Bereich, etwa ein Vortragshonorar. Das muss man von jemand wie Hildegard Müller unterscheiden, die monatlich 2.000 € von der Dresdner Bank erhält oder SPD-Bundestagsabgeordneten Reinhard Schultz, der vom Energiekonzern Vattenfall bezahlt wird und zugleich die Ökosteuer zugunsten der Industrie novelliert sehen will.
Christoph_Bautz: Man sollte die staatliche Parteienfinazierung nicht abschaffen, das wäre kontraproduktiv. Dann würden ja Parteien von privaten Geldquellen abhängig, was das Problem der Einflussnahme auf die Parteien mit Geld verschärfen würde.
Moderator: Da die Zeit leider schon um ist, möchte ich mich ganz herzlich bei Dir, Christoph, bedanken. Ebenso ein Danke an die Fragesteller und Pascale für die Organisation!
Moderator: Schaut einfach mal auf die Seite http://www.campact.de und informiert euch.
Moderator: Nächste Woche sehen wir uns dann wieder hier zum Thema Softwarepatente.
Moderator: Selbe Zeit, selber Ort :)
Christoph_Bautz: Danke auch für die interessanten Fragen - bis nächste Woche
Pascale: Kein Problem. Danke und bis nächste Woche. ;-)
Moderator: Auf wiedersehen! :)
: Moderator hat den Raum verlassen
Pascale: Danke fürs kommen @Oliver ;-)
: Christoph_Bautz hat den Raum verlassen
: Pascale hat den Raum verlassen