Chat-Transkript vom 23.07.2007

Christoph Moosbauer, ehemals MdB SPD, nun Geschäftsleitung Concilius AG München

Thema: Perspektivenänderung nach dem Wechsel von Politik zu Wirtschaft - können Wirtschaft und Politik voneinander lernen?

: Christoph_Moosbauer hat den Raum betreten
: Moderator hat den Raum betreten
Moderator: Guten Abend Herr Moosbauer :)
Christoph_Moosbauer: Guten Abend!
Christoph_Moosbauer: Geht's los?
Moderator: Ich bin Daniela Rohde, gehöre mit zu den Betreibern von dol2day und moderiere heute abend :)
Moderator: Seit eben ist der Chat auch für alle lesbar
Christoph_Moosbauer: Okay! Guten Abend, Frau Rohde, freut mich!
Moderator: Vielleicht könnten Sie am Anfang kurz etwas über sich und ihre jetzige Tätigkeit erzählen?
: Anne***_(sip) hat den Raum betreten
Christoph_Moosbauer: Nun. Ich bin 38 Jahre alt und wurde damals nach meinem Politikstudium 1998 in den Bundestag gewählt. Dort war ich dann 4 Jahre, bin wieder ausgeschieden und habe ab 2003 geholfen, eine Wirtschaftsberatung aufzubauen. Da sitze ich heute im Vorstand.
Anne***_(sip): Entschuldigen Sie die Verspätung, eigentlich war geplant, dass mein Minister für Öffentlichkeitsarbeit den Chat macht, mit dem Sie ja auch schon telefoniert hatten.
Moderator: Hallo Anne :) Ihr könnt ja beide kommen ;)
Anne***_(sip): Ich bin die Internetkanzlerin, Anne***, wir hatten Emailkontakt.
: bad_idol hat den Raum betreten
Christoph_Moosbauer: Hallo Anne!
Christoph_Moosbauer: ...also, Frau Kanzlerin, meine ich.
Anne***_(sip): Hallo Herr Minister :)
bad_idol: So, auch von mir Entschuldigung, ich hatte die Zugangsdaten für den Chat nicht mehr gebackupt *schäm*
Christoph_Moosbauer: Guten Abend!
Moderator: Was genau kann man sich unter Wirtschaftsberatung vorstellen, wenn man damit bisher noch wenig zutun hatte?
bad_idol: Hallo Frau K@nzlerin :o). Guten Abend Herr Moosbauer, wir hatten telefoniert :o)
bad_idol: Danke für die Neuzusendung @ Moderator
Moderator: Bitte.
Christoph_Moosbauer: Wir sind natürlich keine klassische beratung wie Roland Berger und dergleichen. Eher eine strategische Beratung, die Unternehmen dabei hilft, sich im öffentlichen Raum zu positionieren. Gegenüber der Kommune, in der das Unternehmen seinen Sitz hat, gegenüber Politik und Verwaltung, Verbänden, der Welt...
Christoph_Moosbauer: Also etwas durchaus politisches.
Christoph_Moosbauer: Hallo, Herr Minister!
Christoph_Moosbauer: "Bad Idol" als Nick für einen Minister...
Moderator: Und wie sind Sie damals auf die Idee dazu gekommen? War doch sicherlich nicht ganz einfach so eine Firma neu ins Leben zu rufen :)
bad_idol: Da war ich noch kein Minister, als ich mir den Nick gab :o)
Christoph_Moosbauer: Als ich im Bundestag war, musste ich mir von Seiten der Wirtschaft immer anhören, dass Politiker keine Ahnung von Wirtschaft haben. Das mag teilweise richtig sein, aber gilt auch anders herum: Wirtschaft hat keine Ahnung von Politik. Da habe ich einen Bedarf gesehen. Und dann habe ich "like-minded people" getroffen und wir haben das als Konzeot aufgesetzt. Und siehe da: läuft gut.
Moderator: Und eine Frage aus der Community
Moderator: Frage von Isha an Christoph Moosbauer:    "Was hat Ihnen besser gefallen, die Arbeit in der Politik oder in der Wirtschaft?"
Anne***_(sip): Ich fnde auch, dass das sehr interessant klingt.
Christoph_Moosbauer: Schwer zu sagen, da beides seine tollen Seiten hat. Aber ganz ehrlich muss ich sagen, dass die Begleitumstände in der Wirtschaft besser sind. Hier bin ich Herr meines eigenen Terminkalenders, habe freie Wochenende, freie Abende... und nicht zuletzt das gute Gefühl, wenn ein Projekt abgeschlossen ist, dass man seine Arbeit gut gemacht hat. In der Politik ist nie etwas "fertig", das heißt, die Befriedigung, dass man etwas Gutes geleistet hat, fehlt.
Anne***_(sip): Ganz und gar?
Christoph_Moosbauer: Dazu muss man natürlilch auch wissen, dass ich nahostpolitischer Sprecher meiner Fraktion war, das ist womöglich ein wenig mehr frustrierend als andere Gebiete ;-)
Christoph_Moosbauer: Was natürlich fehlt, ist das Gefühl an etwas Übergeordnetem zu arbeiten.
Moderator: Frage von Isha an Christoph Moosbauer: "Ist das mit einer der Gründe, daß die guten Leute von der Wirtschaft abgeworben werden oder ist das garnicht so der Fall wie immer behauptet wird?"
bad_idol: Herr Moosbauer, wie genau hat sich denn vom ersten Moment an Ihre Perspektive auf beide Bereiche, die Politik und die Wirtschaft, verändert, als Sie sozusagen die "Fronten" wechselten?
Christoph_Moosbauer: Gesellschaft zu gestalten
Anne***_(sip): Ja, das mag frustrierend sein ;)
Christoph_Moosbauer: Das war schleichend. Ich dachte ja zunächst, ich muss nur ein paar Jahre herum bringen, bis ich wieder in die Politik einsteige.
Christoph_Moosbauer: Aber dann, mit dem eigenen Projekt, mit der eigenen Firme, den ersten Erfolgen, das ist schon auch eine schöne Sache.
Christoph_Moosbauer: Aber klar, wenn ich heute im Bundestag bin und atme die Atmosphäre dort, dann kriege ich schon Heimweh.
Christoph_Moosbauer: Ich sehe Politik heute etwas relaxter und wäre sicherlich undogmatischer, obwohl ich sicherlich nie ideologisch verbohrt war.
Moderator: Frage von Rollenspieler an Christoph Moosbauer:    "Nutzen Sie Kontakte, die sie während ihrer Mitgliedschaft im Bundestag geknüpft haben ?"
Christoph_Moosbauer: Aber in der Wirtschaftspolitik hätte ich heute andere Positionen, das macht die Praxiserfahrung.
Christoph_Moosbauer: Natürlich nutze ich die Kontakte und pflege sie auch sehr.
bad_idol: Würden Sie heute, mit dem vielleicht besseren Verständnis beider Bereiche, rückblickend das eine oder andere als Politiker anders angehen?
Christoph_Moosbauer: Ich hatte natürlich sehr jung ein exzellentes Netzwerk, das mir sehr bei meiner jetzigen Arbeit hilft.
Anne***_(sip): Vielleicht ist es gar nciht so verkehrt, zwischendurch mal ins "andere" reinzuschnuppern.. damit man eben Praxiserfahrung hat und auch politischen background...
Christoph_Moosbauer: Etwas anders angehen: ganz sicher.
Christoph_Moosbauer: Ich würde heute auch DInge anders angehen, die nicht etwas mit Wirtschaft zu tun haben.
Christoph_Moosbauer: Auch im Außenpolitischen Bereich.
bad_idol: Inwiefern im außenpolitischen Bereich? Inwiefern hat Ihre Erfahrung in der Wirtschaft Ihre Ansichten bzgl. der Außenpolitik verändert?
Christoph_Moosbauer: Ich denke, dass ich mit der Zeit, sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft mehr gelernt habe, meine eigene Position einzubringen, Dinge zu hinterfragen und - leider - auch Menschen nicht mehr grundsätzlich zu vertrauen. DAs mag jetzt ein wenig ernüchternd klingen, aber das war ein Feheler in meinern politischen Jahren.
Moderator: Frage von Euronymous an Christoph Moosbauer:    "Meinen sie ihr Beispiel sollte "Schule machen", ein paar Jahre Politik, dann in die Wirtschaft um "Platz für neue Köpfe" machen?"
Christoph_Moosbauer: Bevor ich auf bad_idol antworte, eine schnelle Antwort hierauf: Ja, es wäre absolut erstrebenswert, wenn die Durchlässigkeit zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, und zwar in alle Richtungen, besser wäre. In anderen Ländern ist das so und alle Bereiche profitieren davon.
Christoph_Moosbauer: Was würde ich in der Außenpolitikk anders machen.
Christoph_Moosbauer: Ich habe damals den Einsatz in Mazedonien und dem Afghanistaneinsatz zugestimmt (Kosova hatte der Bundestag noch in der alten Zusammensetzung beschlossen). Ich hätte damals wisssen müssen, dass ich damit wesentlichen Anteil daran hatte, dass es zu einem schleichenden Automatismus kommt. Heute werden sofort Truppen ins Ausland geschickt, sobald jemand "internationale Verantwortung" sagt. Das ist grundfalsch und ich weiß nicht, wie wir das wieder rückgängig machen können.
Christoph_Moosbauer: Das ist ein Beispiel.
Moderator: Frage von Rollenspieler an Christoph Moosbauer:    "Inweit proftieren die einzelnen Bereiche davon,wenn die Durchlässigkeit besser wird ?"
Christoph_Moosbauer: Anderes Beispiel: Ich würde heute die Hilfe an die Palästtinenser anders gestalten. Nicht, weil jetzt alles den Bach runtergeht und ich es schon vorher gewußt haben will. Deutschland und ie EU haben hier viel falsch gemacht, die falschen Anreize gegeben, falsche Politik unterstützt, keine Konsequenzen gezuoegn.
Christoph_Moosbauer: Zu den Durchlässigkeiten der Bereiche: Wirtschaftliche Erfahrung schadet bei politischen Entscheidungen ebenso wenig wie wissenschaftliche Grundlagen.
bad_idol: Im Hinblick auf Ihre gerade gegebene Antwort, Herr Moosbauer, wie stehen Sie zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan, generell zu ähnlichen Einsätzen? Welche Interessen sehen Sie darin vertreten?
Moderator: Frage von DeeJay an Christoph Moosbauer:    "Ich weiß nicht ob diese Frage schon gestellt wurde - bin zu spät, sorry, - aber: Wenn Sie den Perspektivenwechsel anstreben, muss dann nicht auch parallel zum Bundestag Arbeit in der Wirtschaft möglich sein? Und wie verträgt sich das mit den Transparenzforderungen (Debatte um Offenlegung der Einkünfte)...?"
Christoph_Moosbauer: Mir hat es sehr geholfen, dass ich von der Uni als Lehrbeauftragter für International Politik, in den Auswärtigen Ausschuss kam. Ich habe dort anders gearbeitet als die Kolleginnen und Kollegen. Wissenschaftlich eben. Und nun profitiere ich in meinem Lehrauftrag sehr von den vier praktischen Jahren in der Nahostpolitik. Ich bin in der wissenschaftlichen Arbeit praxisorientierter, mehr am harten Boden.
Christoph_Moosbauer: Kurze Antwort an den Moderator: Ja, diese Arbeit muss parallel möglich sein. Vollständige Transparenz geht zum Beispiel bei Anwälten nicht, da sie ihre Mandanten nicht nennen dürfen. Völlig zu recht. Aber mehr Transparenz als jetzt kann und muss sein.
Anne***_(sip): Die würden sich ja nun auch strafbar machen, wenn sie ihre Mandanten nennen würden, irgendwo muss ja Schluss sein
Moderator: Frage von Euronymous an Christoph Moosbauer:    "Wie reagieren sie auf den Vorwurf, sofern er gemacht wurde oder wird, das Politiker erstmal die Weichen stellen, um dann mit ihrer Firma erfolg zu haben?"
Christoph_Moosbauer: Zu Afghanistan: Dieser Einsatz ist sinnvoll, grundsätzlich. Nur jetzt diskutiert man auf einmal darüber, ob man nicht auch mal den Drogenbaronen auf die zehen steigen sollte. Das ist ja eine bahnbrechende Erkenntnis. Also, das internationale Engagement dort ist absolut richtig, nur das Maandat ist falsch. WIr wollten es halt so gestalten, dass nichts passieren kann. Das ist für einen Militäreinsatz natürlich mal eine blöde Grundvoraussetzung. Aber anderes Beispiel: Libanon. Der MArineeinsatz dort ist teuer und blödsinnig. Keiner hat sich Gedanken gemacht, wie man dem Libanon wirklich helfen kann. Da ht man einfach einen Militäreinsatz beschlossen und Ende. So darf das halt nicht laufen.
Christoph_Moosbauer: Hm. Dieser Vorwurf ist sicherlich nnur in Einzelfällen bertechtigt und da gilt halt, dass es schwarze Schafe im Bundestag genauso gibt, wie überall in der Gesellschaft. Ist halt eine Volksvertretung ;.)
Christoph_Moosbauer: Aber dadurch grundsätzlich die Regeln in Frage zu stellen, das ist meines Erachtens übertrieben.
Christoph_Moosbauer: Zudem: Glauben SIe nicht, dass Ihnen nach ein paar Jahren Bundestag alles Türen offenstehen und sie ihre Kontakte zu Märchenhonoraren in der Wirtschaft verscherbeln können.
Christoph_Moosbauer: Ich denke, dass Interessenkonflikte ausgeschlossen werden müssten, so schwer das dann im EInzelfall praktisch durchsetzbar ist
Anne***_(sip): Sie haben dann ja ohneihin schon Glück gehabt, wer kann schon direkt nach dem Studium in den Bundestag einziehen, wie kam es denn dazu?
bad_idol: Könnten Sie denn, sofern möglich, an einem konkreten Beispiel erklären, inwiefern ihre politische Karriere Ihnen nun beim Einstief in die wirtschaftliche Karriere geholfen hat?
bad_idol: Einstieg
Christoph_Moosbauer: von alleine kam das natürlich nicht. Ich war vorher lange politisch aktiv, als Geschäftführer und dann Vorsitzender der Jusos in München, ich habe eine Kampagne zur Kommunalwahl geleitet, im Büro einer Landtagsabgeordneten gearbeiten und war Mitglied in einem kommunalen Gremium, dem Bezirksausschuss, das ist quasi ein Stadtteilparlament hier in München. Man muss in der Partei schon zeigen, dass man was kann.
Christoph_Moosbauer: Beim Einstieg eher weniger. Ich hatte sogar ein Bewerbungsgespräch, wo ich explizit wegen meiner politischen Karriere abgelehnt wurde, da die Firma sagte, ich würde dann zu sehr mit der SPD und zu wenig mit der Firma identifiziert werden.
Moderator: Frage von Isha an Christoph Moosbauer: "Sind Sie noch Mitglied in der SPD und falls ja dort noch politisch aktiv?"
Anne***_(sip): Das dürfte aber doch in einer STadt von der Größe Münchens nicht einfach sein als Juso. In Kiel ist es das jedenfalls nciht, da gibt es zu viele alte Hasen die den Weg nicht freimachen ;)
Christoph_Moosbauer: Ich bin noch Mitglied in der SPD, klar. Das war ich ja schon vor meinem Mandat. Ich habe aber keine großen Funktionen mehr und habe auch allen Mandatsantragungen (Landtag, Stadtrat) bislang widerstanden ;-)
Christoph_Moosbauer: Ja, das Platzhirschenproblem haben wir in München schon auch. Das ist überall schwierig. Übrigens auch an den Lehreinhaiten an der Uni und sogar in der Wirtschaft.
bad_idol: Welche konkreten Gründe haben Sie dazu bewegt, den Mandatsantragungen zu widerstehen? :o)
Moderator: Warum gehen eigentlich mehr Politiker in die Wirtschaft als umgekehrt?
bad_idol: weia...Rammatik...bewogen, nicht bewegt
Christoph_Moosbauer: Was die Durchsetzung in der Politik angeht: Nie über das Alter definieren lassen, sondern immer über die Inhalte, die man vertritt.Das klingt jetzt ein wenig binsenwahrheitlich, aber es ist so: Das Einfordern neuer Köpfe geht nicht, wenn es nur neue Köpfe sind, da muss schon auch was drin sein.
Christoph_Moosbauer: Ich will kein Mandat im Moment, da ich mich sehr wohl fühle mit dem was ich tue und ich Mandat und meine Tätigkeit in der Tat als unvereinbar betrachte.
Anne***_(sip): wäre es wohl auch
Christoph_Moosbauer: Außerdem: Würden Sie gerne für die SPD im Bayerischen Laandtag sitzen :-o
bad_idol: Touché, Herr Moosbauer, touché :o)
Moderator: @Anne vermutlich lieber als für die CSU? ;)
Christoph_Moosbauer: Warum gehen mehr Politiker in die Wirtschaft als umgekehrt. Ganz einfach, weil das geht.
Christoph_Moosbauer: Wenn Sie in der Wirtschaft waren, dann haben Sie es in der Politik schwerer.
Christoph_Moosbauer: Entscheidungen werden anders getroffen, man diskutiert und tagt und sitzt nur in Sitzungen.
Christoph_Moosbauer: Es gibt in der Wirtschaft eine Regel: wenn sie mehr als 20 Prozent Ihrer Zeit mit der Adminstration Ihrer Firma verbringen, dann läuft etwas falsch.
Christoph_Moosbauer: In der Politik verbringen Sie 98 Prozent in der Administrierung. Da werden Sie als Wirtschaftsmensch wahznsinnig.
bad_idol: Herr Moosbauer, was würden Sie eigentlich vom tatsächlichen Arbeitsaufwand nun als "stressiger" oder aufwendiger bezeichnen: die Arbeit in der Politik oder die in der Wirtschaft?
Christoph_Moosbauer: AUßerdem, wollen wir es nicht verschweigen: in der Wirtschaft verdient man ganz gut und muss sich nicht alle Nase lang dafür rechtfertigen.
Moderator: Frage von Isha an Christoph Moosbauer: "Wenn Politiker Beraterverträge angeboten bekommen, liegt das Ihrer Meinung nach eher daran, daß sie qualifizierter sind als die Mitbewerber oder daß sie ihre Kontakte in die Politik nutzen können, was Normalbürger so nicht könnten?"
Christoph_Moosbauer: STressiger und aufwändiger: Definitiv Politik.
Christoph_Moosbauer: eher an den Kontakten. Aber halt auch daran, dass sie Erfahrung ion gewissen Bereicchen haben. Das unterscheidet sie dann auch nicht von anderen Leuten, die als Berater geholt werden. Professoren von der Uni etwa.
Moderator: Wenn man in der Politik 98% der Zeit mit Administrierung verbringt, sollte man das nicht versuchen dringend zu ändern?
Christoph_Moosbauer: Ein Kommentar zum Bayerischen Landtag sei mir noch erlaubt: Als CSUler dort ist es noch schlimmer!
Christoph_Moosbauer: Da macht die Staatskanzlei die ganze Arbeit und man darf nur noch zum Abstimmen ins Parlament kommen. Das ist doch mal frustrierend!
Christoph_Moosbauer: Nein, da Politik ja ganz andere Ziele hat als Wirtschaft.
Christoph_Moosbauer: In der Wirtschaft müssen sie Entscheidungen treffen. Die können richtig oder falsch sein,müssen aber in der regel schnell getroffen werden.
Moderator: Frage von Leguan an Christoph Moosbauer:    "Also kann man doch sagen, dass viele Politiker manchmal fern von der realität ihre Entscheidungen treffen? wenn sie so lange nur reden und sikutieren!"
bad_idol: Hielten Sie es für einen Vor- oder eher einen Nachteil, wenn man das Konzept der schnellen Entscheidungsfindung einmal in die Politik tranferieren würde?
Christoph_Moosbauer: In der Politik geht es ja gerade darum, einen Konsenz zu erzielen und möglichst viele Menschen auf dem Weg mitzunehmen. Daher müssen Sie viel erklären, dieskutieren, konzeptionell arbeiten. Das ist eben eine ganz andere Form der Ergebniserzielung.
Christoph_Moosbauer: Eine Firma kann nach einer schnellen oder falschen Entscheidung kaputt gehen. EIn Staat oder eine Gesellschaft darf das nicht.
Moderator: Frage von Leguan an Christoph Moosbauer:    "Und doch geht Deutschland in manchen bereichen den Bach runter"
bad_idol: Einen goldenen Mittelweg gibt es da nicht? Entscheidungen schnell(er) zu treffen, die dennoch "was taugen"?
Christoph_Moosbauer: Das mit der Realitätsferne ist manchmal war.Im Bundestag sitzen zum Beispiel keine Handwerker, weil die nicht einfach für vier Jaahre den Betrieb zumachen können und ihn wieder aufsperren, wenn es mit der Wiederwahl nicht klappt. Das führt dazu, dass in den letzten Jahrzehnten, egal unter welcher farblicher Kombination, Entsscheidungen in der Wirtschaftpolitik getroffen wurden, die die Interessen der Handwerker auch nicht nur ansatzweise berücksichtgt haben.
Moderator: Frage von Euronymous an Christoph Moosbauer:    "Die Concilius AG betreibt ja "Interessenvertretung" auf Neudeutsch Lobbying, warum reichen Wahlen heutzutage nicht mehr aus, und man muss Politiker noch zusätzlich "beeinflussen, Aufklären, etc."?"
Christoph_Moosbauer: Man kann auch politische Entscheodungsverfahren straffen, das ist richtig. Ein erster Ansatz dazu wäre, dass sich Politiker wieder mehr zu ihrer persönlichen Verantwortung erkennen und sich nicht immer nur hinter Gremien verstecken. Da wäre aber auch wichtig, dass die Öffentlichkeit das honoriert. Wer als Politiker einen Fehler macht, ist weg vom Fenster. Das ist eine existenzielle Bedrohung für einen Menschen. Das er da nicht gerne Vernatwortung übernimmt, ist doch klar.
Christoph_Moosbauer: Nein. Lobbyismus bedeutet, dass Firmen Leute beschäftigen, die deren Interessen in der Politik wahrnehmen. Wir beraten Firmen, wie Politik funktioniert, damit sie das selber tun können. Wir erklären ihnen die politische Welt und sagen ihnen warum sie diese Position in dieser politischen Konstellation vergessen können oder auch nicht. Ob es ein nationales oder ein europäisches Thema ist. Und wie sie sich in der Welt aufstellen, Stichwort Corporate Socail Responsibility.
Christoph_Moosbauer: Das ist übrigens sehr wichtig, da nur so das pluralistische System funktionieren kann.
Christoph_Moosbauer: Daüber haben wir gerade gesprochen.
Moderator: Frage von Bugs Bunny an Christoph Moosbauer:    "Ist ein Engagement in der Wirtschaft nicht auch deshalb empfehlenswerter, da es dort anders als in der Politik keinen politisch motivierten Extremismus gibt?"
bad_idol: Aber wie bringt man die Öffentlichkeit dazu, etwas zu honorieren, was in den Augen der Öffentlichkeit nunmal als nicht zielführend und "den falschen Weg" angesehen wird? Anders gesagt: gehen "kleine" Bemühungen angesichts der "großen Verfehlungen" nicht schlicht und ergreifend unter, so dass sich auch kein "kleiner Politiker" mehr traut, nach dem von Ihnen geschilderten Grundsätzen zu verfahren?
Christoph_Moosbauer: Als Politiker, selbst wenn ioch Praxiserfahrung habe, kann ich nicht aus allen Bereich so viel Ahnung haben, dass ich kompetent entscheiden kann. Ich muss mir also Fachverstand von außen holen.
Christoph_Moosbauer: Das sind dann meistens Experten aus den Ministerien, die die Sicht der Bundesregierung "lobbyieren". Aber nun soll das Parlament doch gerade diese Regierung kontrollieren, so steht es in der Verfassung.Ich brauche also dritte, vierte, fünfte Meinungen. Die bekomme ich von Verbänden, Einzelpersonen, der Wirtschaft.
Christoph_Moosbauer: Greenpeace ist auch ein Lobbyverband und hätten wir nicht viele solche Lobbyvereinigungen, wäre das Thema Klimaschutz immer noch nicht auf der politischen Agenda.
Christoph_Moosbauer: @Bugs Bunny: Oh, es gibt viel wirtschaftlichen Extremismus! Neoliberalismus, Shareholder Value Denken und vieles mehr.
Moderator: Frage von Desai an Christoph Moosbauer:    "Wie würden sie das Lobbying grundsätzlich einschätzen? Demokratiefördernd und Demokratiehemmend?"
Christoph_Moosbauer: @bad idol: yep! Das ist so. Politiker leisten unwahrscheinlich viel, gerade auf kleiner Ebene. Dennoch werden sie getreten, wenn die Gesundheitsreform in Kraft tritt.
Christoph_Moosbauer: @Desai: Wenn nicht alle Leute ihre Positionen gebenüber der Politik zum AUsdruck bringen können, dann hat die Demokratie schon ein Problem.
Christoph_Moosbauer: Aber: Es muss immer nach Recht und Gestz zugehen.
Christoph_Moosbauer: Gelderschmieren und dergleichen, was man ha allgemein mit Lobbyismus verbindet, das ist illegalunf demokratiezersetzend.
Christoph_Moosbauer: Mir hat übrigens in meiner ganzen politischen Karriere noch nie jemand Geld angeboten!
Christoph_Moosbauer: vielleicht würde ich es ja nehmen :-o
bad_idol: :o)
Anne***_(sip): ;)
Moderator: *grins*
Moderator: So, dann wären wir auch am Ende der Zeit und alle Fragen sind beantwortet worden :)
Christoph_Moosbauer: Schön. Hat Spass gemacht!
bad_idol: Im Namen der Internetregierung möchte im Übrigen nochmals darauf hinweisen, dass nach dem Chat hier im dol2day - Chat noch darüber weiter diskutiert werden kann :o)
Moderator: Mir auch, vielen Dank daß Sie sich bereit erklärt haben Sich heute unseren Fragen zu stellen! :)
Anne***_(sip): Nun, da du noch Genosse bist ;), danke ich dir herzlich für die Bereitschaft zur Teilnahme an diesem Chat, Christoph!
bad_idol: Vielen Dank, Herr Moosbauer, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mit uns zu diskutieren. Ich fand den Chat auch sehr interessant und würde mich über eine eventuelle Neuauflage zu gegebener Zeit sehr freuen :o)
Christoph_Moosbauer: Dann regiert mal schön :-) Ich mach mich auf den Weg zu meiner eigenen Regierung, die ist zweieinhalb Jahre alt, heißt Elias, und duldet keinen Widerspruch. Soviel zur Demokratie...
Anne***_(sip): Hihi, einen schönen Abend dann!
Christoph_Moosbauer: Gern geschehen, Anne, bis zum nächsten Mal und einen schönen Abend!
bad_idol: *grins* Schöne Grüsse an Elias dann :o)
: Moderator hat den Raum verlassen
bad_idol: Dann verlasse ich auch mal den Raum :o) Schönen Abend noch allen DOLern und Nicht-DOLern :o)
: bad_idol hat den Raum verlassen
: Christoph_Moosbauer hat den Raum verlassen