Chat-Transkript vom 03.12.2004

Katja Husen, Frauenpolitische Sprecherin und Mitglied des Bundesvorstands von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Thema: Urheberrecht (Privatkopien, Kriminalisierung von p2p, Auswirkungen auf Bildungs- und Forschungsbereich)

: Boche hat den Raum betreten
: Boche hat den Raum verlassen
: Katja_Husen hat den Raum betreten
: Moderator hat den Raum betreten
Moderator: Hallo.
Moderator: Katja, bist du noch da?
Katja_Husen: Ja, werde noch von einem Kollegen aufgehalten...
Moderator: Gut. Ich wollte nur schauen, ob alles klappt. Willst du die Farbe auf Grün oder so ändern, daß das für die LeserInnenschaft einfacher ist?
: rAn hat den Raum betreten
: rAn hat den Raum verlassen
Katja_Husen: Das ist mir egal. Ich bi so ne erfahrene Chatterin. Wenn Du meinst, dass das für die Leute leichter ist, dann man zu.
Moderator: Wir werden in diesem Chat eh nur zu dritt sein. Boche kommt dann wohl noch und mein Job ist es, Fragen der Community reinzureichen.
Moderator: Bzw. Nachzuhaken, wenn ich da noch Unklarheiten sehe oder sonst etwas. Hach, das wird schon klappen.
Moderator: Ich werde dich, wenn wir live gehen, zuerst begrüßen und dich dann bitten, dich kurz vorzustellen. Boche wird dann sicher auch noch irgendwas sagen
Katja_Husen: Das denke ich auch. Solange die Fragen genug hergeben, was meine Antworten nicht nur wie blödes Politikergeschätz wirken lässt...
Moderator: Du bist herzlich zur Publikumsbeschimpfung eingeladen, wenn da nicht gepfefferte Fragen kommen :)
Katja_Husen: Ich dachte immer Publikumsbeschimpfung ist für PolitikerInnen genauso tabu wie Medienschelte. Aber vielleicht sind die dol2day Leute da etwas härter im Nehmen.
: Boche hat den Raum betreten
Moderator: bis auf den Moderator sind alle kritisierbar. Im Falle von dol2day scheint es tatsächlich üblicherweise eine dickere Haut zu geben. Naja, das muss man aber nicht zwingend austesten. Hallo Boche
Boche: Hallo Katja, hallo Mod!
Katja_Husen: Moin.
Boche: Stimmt ja, wir sind ja als Norddeutsche in der Überzahl... ;-)
Boche: Schön, dass es mit deinem Kommen geklappt hat!
Boche: @Moderator, wer bist du eigentlich?
Moderator: sesqui (JUD)
Katja_Husen: Wieso norddeutsch? Wo kommst Du her?
Boche: Aus der Nähe von Buchholz.
Katja_Husen: Naja. Ich will mal großzügig sein.
Boche: Ist quasi um die Ecke...
Boche: Hehe!
Moderator: So, in drei Minuten gehen wir live, wenn die Uhr stimmt.
Moderator: hier im Süden gehen die Uhren immer ein wenig anders
Boche: Meine sagt eine, ist aber egal.
Katja_Husen: Ja, aber ich komm ursprünglich aus Kiel. Da ist Süderelbe schon Bayern...
Boche: Kiel, das ist auch wirklich schön nordisch.
Boche: Ich komm in Wirklichkeit ja auch mehr aus dem Südosten.
Katja_Husen: Und vor allem: Küste
Boche: Ich soll übrigens schön von dem Doler Kirneh grüßen. Der kennt dich, ich aber nicht seinen echten Namen.
Katja_Husen: Und ich hab keine Ahnung, was sein echter Name sein könnte. Kannst ja auf Verdacht mal zurückgrüßen.
Boche: Mach ich. ;-) Er fragte, ob du noch bei ai tätig bist.
Katja_Husen: Oh je, das muss aber ein alter Bekannter sein...
Boche: Keine Ahnung. *g*
Katja_Husen: Da bin ich nur noch zahlendes Mitglied - für aktivität reicht die Zeit einfach nicht.
Boche: @sesqui: Sind wir langsam online?
Katja_Husen: Meine Uhr sacht eine Minute nach sieben...
Moderator: so, es beginnt :)
Moderator: So, einen wunderschönen guten Abend an das geschätzte Auditorium. Ich freue mich, heute Katja Husen als Chatgast begrüßen zu dürfen. Katja Husen, ein herzliches Hallo. Gibt es in einer passenden Beschreibung Dinge von dir zu sagen, die noch nicht auf http://de.wikipedia.org/wiki/Katja_Husen stehen?
Katja_Husen: Ich glaube nicht...
Moderator: Du bist frauenpolitische Sprecherin im Bundesvorstand der Grünen Partei und zusätzlich noch im Bereich Neue Medien unterwegs. Lassen sich diese Felder irgendwie zusammenführen oder hat man es hier mit zwei völlig verschiedenen Welten zu tun?
Boche: Vielleicht dann kurz so viel noch zu mir: Ich heiße Stefan, bin seit kurzem Grüner und habe Katja Husen eingeladen, weil ich sie als interessante, erfrischende Person auf der letzten BDK in Kiel gesehen habe.
Boche: Ups, wie unhöflich...
Moderator: Boche: von mir?
Katja_Husen: Vielen Dank. Zu Frauen und Neuen Medien ließe sich einiges sagen: Über das unterschiedliche Nutzungsverhalten und die reichlich unteschiedlichen Zugänge, die Frauen und Männer häufig haben.
Boche: Von mir. *g*
Katja_Husen: Fand ich jetzt nicht. Außer das sollte heißen, dass Frauenpolitikerinnen ansonsten *immer* uninteressante, langeweilige Tanten sind.
Boche: Ich meinte eher mein Hineinplatzen in die Frage an dich. *g*
Moderator: Wenn ich so mal die Zeitungsschlagzeilen und die Meldungen bei heise anschaue, sehe ich im Moment fast nur Abwehrgefechte der BürgerInnenrechte gegen Interessen von rechteverwertenden Fimen, noch nicht einmal von den kreativen Menschen, die eigentlich die Rechte innehaben sollten. Ist mein Blick getrübt?
Katja_Husen: Nein. Ich fürchte nicht.
Katja_Husen: In den aktuellen Debatten geht es natürlich häufig um viel Geld.
Katja_Husen: Und dann vermischt sich das zur Zeit auch noch mit den Fragen der inneren Sicherheit - da sind BürgerInnenrechte dann immer besonders gefährdet.
Moderator: Siehst du dabei die rot-grüne Regierung eher in der Position, das Schlimmste zu verhindern oder hat man es hier einfach mit bösen Mächten der Spezialdemokratie zu tun, die einfach den direkteren Draht zu Sony BMG haben?
Katja_Husen: Naja, das Problem ist vor allem, dass sich die Musikindustrie mitten in einem Strukturwandel befindet. Ehemalige Tätigkeitsfelder verlieren an Boden (wie z.B. Cds), andere gewinnen dafür (Klingeltöne, Merchndising, Live-Konzerte).
Katja_Husen: Und wie immer wenn es um Strukturwandel geht, sind die Ängste besonders groß - Verlust von Arbeitsplätzen, von internationeler Wettbewerbsfähigkeit.
Boche: Aber auf welcher Seite sind denn die Künstler, also die Inhaltschaffenden selbst, zu vermuten?
Moderator: Ich leite zwischendurch die eintreffenden Fragen mal weiter. Natürlich kann wie immer die Beteiligung nie gering genug sein
Moderator: Frage von Carnyx an Katja Husen:    "Als Chat-Thea wird unter anderem angekündigt "Kriminalisierung von p2p" - was bedeutet das? p2p bedeutet peer to peer, oder? "
Katja_Husen: Das ist ganz unterschiedlich. Je nachdem, was ihre Motive sind. Jemand, der vor allem ein Interesse an der Verbreitung seiner oder ihrer Musik hat, ist vielleicht begeistert von den Möglichkeiten, die das Internet und p2p bieten.
Katja_Husen: Tschuldigung. Ja p2p heißt peer to peer, also das Austauschen von Dateien über Netzwerke. Dabei geht's vor allem um die Verfolgung von Musiktauschbörsen.
Moderator: Frage von das_grau an Katja Husen:    "Woher kommt Ihrer Meinung nach dieser Bodenverlust von CDS und wie stehen Sie zu den neuen "Versionen" von CDs? Die Staffelung in 9,99€, 12,99€ und 16,99€ mit verschiedenen, "verschwenderischen" Extras."
Katja_Husen: Der Bodenverlust hat vor allem mit dem breit gefächerten Angebot zu tun. Früher hatte man Radio. Dann Radio und Fernseher, dann auch noch 'ne Stereoanlage und dann außerdem noch Playstation, Handy und DVD. Das Geld, was also ein Haushalt für Medien und Kommunikation ausgibt, teilt sich auf mehrere Geräte und Träger auf.
Katja_Husen: Von den gestaffelten CD-Preisen halte ich im unteren Segment wenig. Das hat zum Beispiel dazu geführt, dass die Leute die Booklets der mittleren Preisklasse geklaut, aber die untererste gekauft haben.
Moderator: Als vor vielen vielen Jahren die Automobile den Pferdekutschen Konkurrenz machten, gab es mit Ausnahme von einzelnen Angst-Kampagnen keine Lobbygruppen, die systematisch Automobile kriminalisiert haben. Ist es zu einfach, die Musikverwertungsindustrie als sterbenden Dinosaurier zu bezeichnen, der jetzt mit schmutzigen Tricks die Entwicklung aufhalten will?
Katja_Husen: Ich finde immer noch, dass CDs auch mit Booklet billiger werden müssten. Und für extr-Features kann man dann auch extra zahlen.
Boche: Aber wie kann ich mir das vorstellen? Wenn ich Musik mache und die ins Netz stelle. Und ich finde die Musik dann (wenn sie gefällt) kostenlos verbreitet überall wieder - wie soll ich dann davon leben können? Gekauft wird das ja dann nur noch von denen, die nicht wissen, was p2p ist und auch keinen kennen, der das weiß.
Katja_Husen: So platt würde ich das nicht sagen, weil die Plattenindustrie natürlich auch berechtigte Interessen hat - die Beibehaltung von Arbeitsplätzen eben. Ich sehe es aber als Politikerin nicht als meine Aufgabe an, die wirtschaftlichen Pfründe einzelner Unternehmen gegen die realen Entwicklungen zu verteidigen, indem ich in Deutschland mal eben 7-8 Mio Menschen kriminalisiere.
Moderator: Frage von Dhana an Katja Husen:    "Wie sieht es eigentlich mit dem Urheberrecht bei Webseiten aus? Da wird ja gerne mal "geklaut" und früher lernte man so selber, heute haben viele Betreiber was dagegen und versuchen ihren Quellcode zu sichern."
Katja_Husen: @Boche: Dafür gibt es ja das Modell einer Kulturflatrate. Wenn man davon ausgeht, dass sich die NEtwicklung, dass Leute für Dateien nciht mehr bereit sind, soviel Geld zu zahlen wie für einen Datenträger, dann muss man kreativ werden, wenn man die KünstlerInnen schützen und angemessen vergüten will.
Katja_Husen: @ Dhana: Mit Webseiten kenn ich mich nicht ganz so gut aus. Wichtig wäre aber, dass die Software, mit der man Seiten programmieren kann eben nicht nur proprietär ist, damit Menschen eben noch lernen und sich weiterentwickeln können. Aber man kann auch niemanden zwingen, seine oder ihre Quellcodes offenzulegen.
Boche: Aber zur Kulturflatrate: Die müsste ich ja dann mitbezahlen. Obwohl ich mir keine Musik oder Filme herunterlade. Das will ich eigentlich nicht. Muss ich das wollen? ;-) Mal abgesehen davon, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie da alle Künstler ihr Geld bekommen sollen. Ohne viel neue Bürokratie.
Katja_Husen: @Boche Von dem Verkauf von Musik lebt heute sowieso kaum noch einE KünstlerIn. Die meisten verdienen aus Konzerten + Musik + Merchandising. Eine Kulturflatrate würde ähnlich wie die GEMA funktionieren. Ich finde, dass man Leuten eine flat von 5 Euro im Monat zumuten kann, wenn sie dann umsonst saugen können.
Moderator: Frage von Carnyx an Katja Husen:    "CDs- ein pasendes Stichwort. Ich möchte auf eine Unstimmigkeit hinweisen: Beim Kauf einer CD hat man umfangreiche Rechte, z.B. darf ich Kopien anfertigen. Sieht man jedoch den CD-Kauf als eine Art "Lizenzerwerb" an (wie es die Musikindustrie gerne hätte), dann müßte mir als Käufer auch ein erweitertes Nutzungsrecht zugestanden werden, z.B. der Ersatz für CDs, die mir kaputtgegangen sind. Daß das eingeführt werden soll, habe ich jedoch noch nie gehört. Frau Husen - sehen sie dieses Problem ähnlich?"
Katja_Husen: @ Boche Und was die Bürokratie angeht: Die Daten von tausenden von usern auf Vorrat zu speicher und dann das Justizsystem mit der Verfolgung zu beauftragen, ist ja auch nicht wirklich unbürokratisch.
Boche: Ich will doch aber gar nicht saugen. *g*
Katja_Husen: @ Carnyx: Das ist ja das Hauptproblem der Industrie - dass sie keine einheitliche Linie finden, was man dann mit "gekaufter" Musik noch machen können darf. Ich bin dafür, dass es weiterhin das Nutzungsrecht geben muss, Privatkopien herstellen zu können.
Katja_Husen: Und diese Möglichkeit, Privatkopien kostenlos herzustellen muss eben auch trotz DRM und Kopierschutz ermöglicht werden.
Moderator: Katja: Das Recht auf Privatkopien bedeutet dann doch auch, daß das Verbot der Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen, wie es seit kurzer Zeit implementiert ist, abgeschafft werden müsste. Ich bezweifle, daß so etwas realistischerweise seinen Weg in den "Zweiten Korb" findet.
Katja_Husen: @Boche: Wahrscheinlich kriegt man es auf Freiwilligkeit aber nciht hin, dass die Leute eine Kulturflatrate zahlen. Und ich will, dass das Instrument möglichst wenig in die Privatsphäre der NutzerInnen eingreift. Dazu sind Pauschalen nun mal der beste Weg - auch wenn es einige trifft, die davon gar nichts haben.
Boche: Was ja dann auch in die (z.B. meine) Privatsphäre eingreift, oder?
Katja_Husen: @Mod: Das stimmt. Das wird wohl nicht wieder abgeschafft. Man kann ber vielleicht die Musikindustrie dazu verpflichten, dass sie Terminals anbieten muss, in denen ich mir zum Selbstkostenpreis eine Kopie meiner CD ziehen kann.
Katja_Husen: @ Boche: Aber weit weniger als wenn jemand, Deine Daten speichert und evt mal in Deinem Wohnzimmer steht, um Deinen Rechner mitzunehmen.
Boche: Mmh, es fehlt der Mittelweg.
Moderator: Welche Hoffnungen hast du überhaupt an den kommenden zweiten Korb? Gibt es für dich irgendeine Lakmus-Regelung, an der du ermessen kannst, daß das in die richtige Richtung geht?
Katja_Husen: Ach herrje. Ich glaube, das sich an den Änderungen im Bereich digitaler Kopienversand oder elektronische Leseplätze einiges abzeichnen könnte. Dann wäre das ein Indiz dafür, dass der Gesetzgeber wenigstens ein bisschen was verstanden hat. Und nicht den Einstieg in die Wissensgesellschaft damit blockiert, dass er analoge Regeln auf die digitale Welt anwenden will.
Moderator: elektronische Leseplätze heissen in einem Vorschlag, daß in eine elektronische Datei eines Buches nur immer eine Person schauen kann, solange die Bibliothek, in der das Lesegerät steht, nicht mehrere Exemplare kauft. Ist das überhaupt noch einem Menschen zu vermitteln, daß man hier die Möglichkeiten der EDV mutwillig verstümmelt?
Katja_Husen: Außerdem hängt für mich auch einiges an der Frage, wie gefährdet sind Downloader nach dem 2. Korb. Ich bin absolut dagegen, dass dann über's Zivilrecht Familien mit Kindern in die Armut getrieben werden können, weil die Kinder die ganze Zeit Musik downloaden und die Industrie so tut als wären das 1:1 entgangene Verkäufe...
Katja_Husen: @ Mod: Ich glaube, dass ist auch ein Generationenproblem. Ich bin schon fast mit Dateien, also der kostengünstigen Vervielfältigung mit Inhalten aufgewachsen. Manchaml habe ich den Eindruck, dass es den älteren PolitikerInnen schwer fällt, die Chancen zu erkennen, die darin stecken.
Boche: Wie siehst du denn die Positionen zu diesem Thema auf Oppositionsseite? Gibt es da auch Schnittmengen zu deinen Ansichten?
Katja_Husen: Auch die Chancen für völlig neue Geschäftsfelder übrigens. Das Spannende ist ja, dass es diese Debatten seit der Einführung des Buchdrucks gibt. Und nie sind die Entwicklungen umgekehrt worden.
Katja_Husen: @ Boche: Ganz wenig. Die sind sehr dem alten, analogen Denken verhaftet und machen sich vor allem um bestehende Industriezweige Sorgen.
Moderator: Frage von JustinTime an Katja Husen:    "Im Zusammenhang mit der Frage zu den Musikrechten: Ist die Idee der 2-Raum-Wohnung Vorbild, wonach die netto-CD ohne große Aufmachung sehr günstig ist, die CD für Fans mit ausführlichen Fotos und Texten usw. aber etwas teurer ist. Soll sehr gut eingeschlagen haben, die Idee."
Moderator: Ich glaube, wir hatten die Frage schon einmal in einer anderen Farbe. Hast du noch eine Ergänzung?
Katja_Husen: @ JustinTime: Ich glaube, dass das funktionieren kann. Das funktioniert natürlich dann am besten, wenn ich über die Bands/KünstlerInnen in den üblichen Medien wenig erfahe und eine emotionale Bindung an sie habe.
Katja_Husen: Ach ja. Und es löst das Problem mit dem Downloaden und Austauschen ganzer Festplatten nicht...
Moderator: Frage von Carnyx an Katja Husen:    "Frau Husen, bei Software handelt es sich, wie ich meine, um eine Mischung aus materiellem und immateriellem Eigentum ("immateriell" wären die Ideen des Programmierers). Softwarepatente sind also eine recht merkwürdige Sache unter diesem Aspekt: Gedanken sollen geschützt werden. Konkreter: Gedanken darf ich zwar haben, aber ich habe sie gefälligst für mich zu behalten, sofern jemand anderer schon mal ähnlich gedacht hat. Ist das nicht problematisch angesichts der Tatsache, daß die Gedanken von jedem von uns ja nicht aus einem Vakuum kommen, sondern meist aus der Auseinandersetzung mit und der Weiterentwicklung von schon geäußerten Ideeen anderer Menschen?"
Katja_Husen: @ Carnyx Ganz klar! Deshalb muss ja auch sichergestellt sein, dass es Patente nur auf ganz klar definierte, beschränkte "Neuerungen" geben kann - und eben nicht auf Algorhytmen. Insgesamt glaube ich, dass die Politik sich noch zu wenig mit dem Gedanken angefreundet hat, dass dem Interesse des Urhebers eben auch ein Interesse der Gesellschaft gegenüber steht, diese Gedanken/Werke/Kunst nutzen zu können, um daraus Neues zu schaffen.
Moderator: Frage von JustinTime an Katja Husen:    "Nachfrage dazu: Aber es ist ein Ansatz für andere Künstler. keiner erwartet doch eine Komplettlösung nnach soviel Jahren Chaos."
Katja_Husen: @ JustinTime: Natürlich ist das ein Weg! Das ist ja auch das, was das Beispiel zeigt: Auch die KünstlerInnen müssen sich Gedanken machen, wie sie mit de neuen Situation umgehen. Nur jammern, dass es früher besser war und die Politik das wiederherstellen soll, bringt jedenfalls nichts.
Katja_Husen: Gibt's keine Fragen mehr? Seid Ihr alle meiner meinung?
Moderator: Welche Rolle hat für dich "die Politik" bei der aktuellen Debatte und in dem endlosen Meer unterschiedlicher Hoffnungen und Wünsche?
Boche: Vielleicht kannst du auch die Idee der Kulturflatrate noch mal etwas genauer erklären?
Moderator: Katja: Erstes und Drittes: Ich war zu langsam
Moderator: das - geschätzte - ist Auditorium heute äußerst zurückhaltend.
Katja_Husen: Kommt darauf an. Grüne Politik ist da sicher sehr fortschrittlich, aber es muss auch klar sein, dass es erstens kein so verankertes Thema wie Umweltschutz ist und zweitens bei vielen Menschen auch Abwehr hervorruft (ih, Technik), weil sie sich nicht mit den Gefahren beschäftigen, die dahinter liegen, wenn man glaubt, eine neue Technik mit alten Methoden "beherrschen" zu können. Aber ich gebe die Hoffnung auf keinen Fall auf. Gerade in der Politik müssen AnsprechpartnerInnen sitzen für die, die "draußen" versuchen, diese Gesellschaft mitzunehmen auf dem Weg in die Wissensgesellschaft.
Katja_Husen: @ Boche: Eine Kulturflatrate könnte folgendermaßen funktionieren: Auf jeden DSL-Anschluss muss man 5 € im Monat zahlen. Alle mp3, ogg whatever bekommen eine Art Wasserzeichen. An den Servern wird nur festgehalten, welche Songs wie oft gedownloadet werden (=anonym). Die KünstlerInnen, die an dem System teilnehmen, werden dann nach der Downloadrate ihrer Songs vergütet.
Moderator: Kann eine Partei, die 1982 irgendwann einen Computerboykott ausgerufen, und diesen dann stillschweigend 1990 kassiert hat, überhaupt ernsthaft in diesem Feld differenzierte Positionen vertreten oder hat sich seitdem ein Lernprozess ergeben, der irgendwie einen glaubhaften Übergang von einer ablehnenden in eine gestalterisch-kritische Position vermittelt?
Moderator: Frage von Carnyx an Katja Husen:    "Es fällt immer leichter, einen Chatgast in die Bredouille zu bringen oder das wenigstens zu versuchen. Wenn man im wesentlichen einer Meinung ist, kann man sich halt nur gegenseitig bestätigen... *gg*"
Katja_Husen: Und wer nicht mitmachen will, weil er oder sie auf DRM und Kopierschutz setzt, kriegt natürlich nichts und kann dann weiter versuchen, mit dem Rechtsstaat die Massen zu kriminalisieren. Ich denke aber, dass werden irgendwann die wenigsten sein.
Boche: Was heißt denn eigentlich "Massen"? Von wieviel Leuten reden wir hier? Was schätzt du?
Katja_Husen: @ Mod: Naja, das damalige Computerverbot hatte (nach allem was ich erzählt bekommen habe) viel mit Ängsten zu tun: Angst, dass Arbeitsplätze vernichtet werden, dass die Dinger strahlen und dann Krebs verursachen, Angst, dass es nur noch gläserne Menschen gibt.
Katja_Husen: @ Mod:Lustigerweise ist mein Eindruck, dass die Grünen mittlerweile die technikbegeistertste Partei ist. Und den Gestaltungsspielraum auch endlich erkennen.
Katja_Husen: @ Boche: Man geht von 7-8 Mio Downloadern in Deutschland aus. Die meisten davon jünger.
Moderator: Frage von Dhana an Katja Husen:    "hat Deutschland eigentlich immernoch so eine führende Rolle in der Ideenentwicklung? Früher hatten wir ja zahlreiche Patentanmeldungen"
Katja_Husen: Ich muss leider langsam zum Ende kommen, weil ich pünktlich raus muss. Hat mir auf jeden Fall viel Spaß gemacht - soviel Bestätigung gibt's in dem Job dann ja auch nicht... ;-)
Boche: Eine letzte Frage von mir: Hast du nicht Lust, Dolerin zu werden? Die Dol-Grünen würden sich sicher freuen. Meine Partei natürlich auch. :-)
Katja_Husen: @ Dhana: Da habe ich leider keine genauen Zahlen. Ich denke aber, dass die Deutschen noch weit vorne mitspielen.
Moderator: Katja: Ich bedanke mich herzlich für dein Kommen heute abend. Ich freue mich, dich bei Gelegenheit mal wieder zu sehen und wünsche allen DolerInnen noch einen schönen abend.
Katja_Husen: @ Boche: Dann habe ich gar keine Zeit mehr, mich auch mal bei meinen Freunden zu melden. Vielleicht nach der Zeit als Aktive Politikerin....
Katja_Husen: Tschüß!
Boche: Vielen Dank für deine Bereitschaft, hier Rede und Antwort zu stehen!
: Katja_Husen hat den Raum verlassen
Moderator: Einen schönen Abend euch allen.
: Moderator hat den Raum verlassen
Boche: Ebenfalls!
: Boche hat den Raum verlassen