Chat-Transkript vom 13.01.2004

Michael Schiffmann, Bundesweites Netzwerk für Mumia Abu-Jamal

Thema: Ist die US-Justiz fair? – Solidarität mit Mumia Abu-Jamal

: Michael_Schiffmann hat den Raum betreten
: Moderator hat den Raum betreten
Moderator: Guten Abend :) Oliver hier...ich moderiere heute.
Michael_Schiffmann: Ist die US-Justiz gerecht? Einige Überlegungen am Beispiel von Mumia Abu-Jamal Ist die US-Justiz gerecht? Eine gute und zeitgerechte Frage, nicht nur im Hinblick auf die Verhältnisse in den USA selbst, sondern auch international. Annähernd tausend Menschen werden von den Behörden der USA auf dem US-Stützpunkt Guantanamo Bay festgehalten, weitere Tausende im Irak, in Afghanistan, in weiteren Gegenden, wo die USA, von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, Krieg führen, oder auf Stützpunkten von Verbündeten wie der nominell zu Großbritannien gehörenden Insel Diego Garcia im Indischen Ozean. Berichte von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch zeigen, dass die Gefangenen dort nicht nach international gültigen Menschenrechtsnormen behandelt, sondern im Gegenteil gedemütigt, Brutalitäten ausgesetzt und auf vielerlei andere Art misshandelt werden. Aber heute soll es in erster Linie um das gehen, was sich im Bereich der Strafjustiz in den USA selbst abspielt. Und auch hier finden wir, in einem Land, das sich international als „Hüter der Menschenrechte“ aufspielt, ein schockierendes Bild. Die Gefängnisbevölkerung der USA hat sich seit Mitte der siebziger Jahre versechs-, nach manchen anderen Angaben verzehnfacht, von unter 400.000 auf mehr als zwei Millionen Menschen. Die USA haben heute die höchste Pro-Kopf-Zahl von Strafgefangenen auf der ganzen Welt, einschließlich eines Landes wie der Volksrepublik China, das nicht gerade für seine Liberalität bekannt ist. Um vergleichbare Zahlen zu finden, muss man bis in das Russland unter Stalin oder, schlimmer noch, Nazi-Deutschland zurückgehen. Hier stellt sich die Frage: Warum? Hat es eine derartige Explosion von Verbrechen in den USA gegeben, dass man ihrer nicht mehr anders Herr werden kann als dadurch, dass man zwei bis drei Prozent der arbeitsfähigen männlichen Bevölkerung in den Knast steckt? Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Verbrechen, und vor allem Gewaltverbrechen, haben keineswegs in einem Maß zugenommen, welches das rasante Wachstum der Gefängnisbevölkerung erklären könnte. Vielmehr scheint es eher so, dass immer mehr Menschen wegen immer geringfügigerer Vergehen verurteilt werden, und diese Menschen haben mehr und mehr drei Kennzeichen gemeinsam: Sie sind schwarz, braun oder rot (Afroamerikaner, Latinos oder Native Americans), sie sind arm, und sie sind rebellisch. Sogenannte Farbige machen insgesamt 20 bis 25 Prozent der US-Bevölkerung aus, stellen aber bis zu drei Viertel der Gefängnisbevölkerung, ähnlich sieht es bei den Armen und ganz Armen aus. Politisch radikale Menschen gibt es in den USA weitaus mehr, als hier (und in den USA selbst!) bekannt ist; dennoch ist ihre Gesamtzahl relativ gering. Durchaus ist dafür der Anteil von Radikalen, die im Gefängnis sitzen, und ich überlasse es meinen Mit-Chattern, zu raten, wer das wohl sein könnte: Rechtsradikale oder Linksradikale? Ein typisches Beispiel für diese drei Kennzeichen der US-Justiz, die immer vorhanden waren, sich aber mit der Explosion der Gefängnisbevölkerung in den letzten dreißig Jahren noch einmal radikal verschärft haben, ist der afroamerikanische Journalist Mumia Abu-Jamal, der vor 22 Jahren wegen angeblichen Polizistenmordes verhaftet und kurz darauf zum Tode verurteilt wurde. Sein Fall vereint in grotesker Weise alles, was gerade angesprochen wurde: Afroamerikanische, hispanische oder indianische US-Bürger brauchen in schwerwiegenden Verfahren wie Mordprozessen nicht mit Gerechtigkeit zu rechnen; des Armen Recht ist, wie in der berühmten Zeile der „Internationale“, gerade in US-Amerika ein leeres Wort, und schließlich versäumt der Staat vor Gericht selten eine Gelegenheit, sich an seinen Kritikern zu rächen, und zwar umso mehr, je grundsätzlicher die Kritik war, die zuvor vorgetragen wurde. In Abu-Jamals Fall war diese Kritik sehr scharf; er war 1969-1970 Mitglied der militanten Bürgerrechtsorganisation Black Panther Party gewesen, die sich gegen die rassistischen Übergriffe weißer Polizisten auch mit der Waffe in der Hand zur Wehr setzte, dies nebenbei bemerkt ein Recht, das die US-Verfassung ALLEN Bürgern zugesteht – nur dass die meisten Weißen bis dahin der Auffassung gewesen waren, dieses Recht stehe nur ihnen zu. Später unterstützte Abu-Jamal die radikalökologische Organisation MOVE und zog sich dadurch erneut den Hass der Autoritäten ein. Obwohl er sich strafrechtlich nie das Geringste zuschulden kommen ließ, betrachteten ihn die US-Behörden als Feind, und als er am 9. Dezember 1981 als Unbeteiligter in eine Schießerei geriet, griffen die Mechanismen: schwarz, arm, linksradikal erbarmungslos zu. Sein Prozess war, wie der so vieler anderer in den USA eine Farce, was so weit ging, dass die berühmte Menschenrechtsorganisation Amnesty International eigens einen über 30seitigen Bericht darüber herausgab. Zeugen wurden bestochen und Todesdrohungen ausgesetzt; die Polizei unterschlug oder fälschte ihre Ermittlungsergebnisse; der Richter war einer der bekanntesten Rassisten in schwarzer Robe in den ganzen USA und gab, wie sich später herausstellte, während des Prozesses den Satz von sich „Ja, und ich werde der Anklage helfen, den Nigger zu grillen“; und der Staatsanwalt hetzte die Jury mit dem Verweis auf die ehemalige Mitgliedschaft Abu-Jamals in der Black Panther Party auf. Was ich hier skizziere, ist natürlich nur ein kleiner Ausschnitt aus den Rechtsbeugungen im Fall Abu-Jamal, und dieser Fall wiederum nur ein kleiner Ausschnitt aus den Rechtsbeugungen, die tagtäglich in den USA geschehen: vor allem gegen die Schichten der Bevölkerung, die ohnehin unterprivilegiert sind. Das Schlimmste an alldem ist, dass es zunehmend ein Weg ohne Wiederkehr ist. Während früher drakonische Strafen oft zur Bewährung ausgesetzt wurden und rassistische oder auf Klassen- und politischen Vorurteilen beruhende Verurteilungen of in einer späteren Instanz revidiert wurden, bleibt diese Lösung mit der Verschärfung von Law-and-Order-Gesetzen immer mehr verschlossen. So kommt es, dass Mumia Abu-Jamal trotz zunehmender Beweise für die Unrechtmäßigkeit seiner Verurteilung nach 22 Jahren immer noch in der Todeszelle sitzt und möglicherweise hingerichtet wird, obwohl alles für seine Unschuld spricht. So kommt es aber auch, dass es in seinem und in vielen anderen Fällen eine weltweite Bewegung zur Rückgängigmachung dieses Unrechts gibt, denn wie das Sprichwort vieler solcher Bewegungen ganz zurecht sagt: „Wo Unterdrückung ist, gibt es Widerstand!“ Tja, wenn es denn gleich so weit is, nämlich 19 Uhr, dann werde ich diesen Einleitungsbeitrag mal abschicken. Mein Name ist, wie ihr an den Daten sehen könnt, Michael Schiffmann, und ich bin seit vier Jahren in der Unterszützungsbewegung für Mumia Abu-Jamal tätig.
Moderator: :) Musste gleich nochmal posten...
Michael_Schiffmann: Ja ist gut, mach ich
Michael_Schiffmann: Ist die US-Justiz gerecht? Einige Überlegungen am Beispiel von Mumia Abu-Jamal Ist die US-Justiz gerecht? Eine gute und zeitgerechte Frage, nicht nur im Hinblick auf die Verhältnisse in den USA selbst, sondern auch international. Annähernd tausend Menschen werden von den Behörden der USA auf dem US-Stützpunkt Guantanamo Bay festgehalten, weitere Tausende im Irak, in Afghanistan, in weiteren Gegenden, wo die USA, von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, Krieg führen, oder auf Stützpunkten von Verbündeten wie der nominell zu Großbritannien gehörenden Insel Diego Garcia im Indischen Ozean. Berichte von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch zeigen, dass die Gefangenen dort nicht nach international gültigen Menschenrechtsnormen behandelt, sondern im Gegenteil gedemütigt, Brutalitäten ausgesetzt und auf vielerlei andere Art misshandelt werden. Aber heute soll es in erster Linie um das gehen, was sich im Bereich der Strafjustiz in den USA selbst abspielt. Und auch hier finden wir, in einem Land, das sich international als „Hüter der Menschenrechte“ aufspielt, ein schockierendes Bild. Die Gefängnisbevölkerung der USA hat sich seit Mitte der siebziger Jahre versechs-, nach manchen anderen Angaben verzehnfacht, von unter 400.000 auf mehr als zwei Millionen Menschen. Die USA haben heute die höchste Pro-Kopf-Zahl von Strafgefangenen auf der ganzen Welt, einschließlich eines Landes wie der Volksrepublik China, das nicht gerade für seine Liberalität bekannt ist. Um vergleichbare Zahlen zu finden, muss man bis in das Russland unter Stalin oder, schlimmer noch, Nazi-Deutschland zurückgehen. Hier stellt sich die Frage: Warum? Hat es eine derartige Explosion von Verbrechen in den USA gegeben, dass man ihrer nicht mehr anders Herr werden kann als dadurch, dass man zwei bis drei Prozent der arbeitsfähigen männlichen Bevölkerung in den Knast steckt? Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Verbrechen, und vor allem Gewaltverbrechen, haben keineswegs in einem Maß zugenommen, welches das rasante Wachstum der Gefängnisbevölkerung erklären könnte. Vielmehr scheint es eher so, dass immer mehr Menschen wegen immer geringfügigerer Vergehen verurteilt werden, und diese Menschen haben mehr und mehr drei Kennzeichen gemeinsam: Sie sind schwarz, braun oder rot (Afroamerikaner, Latinos oder Native Americans), sie sind arm, und sie sind rebellisch. Sogenannte Farbige machen insgesamt 20 bis 25 Prozent der US-Bevölkerung aus, stellen aber bis zu drei Viertel der Gefängnisbevölkerung, ähnlich sieht es bei den Armen und ganz Armen aus. Politisch radikale Menschen gibt es in den USA weitaus mehr, als hier (und in den USA selbst!) bekannt ist; dennoch ist ihre Gesamtzahl relativ gering. Durchaus ist dafür der Anteil von Radikalen, die im Gefängnis sitzen, und ich überlasse es meinen Mit-Chattern, zu raten, wer das wohl sein könnte: Rechtsradikale oder Linksradikale? Ein typisches Beispiel für diese drei Kennzeichen der US-Justiz, die immer vorhanden waren, sich aber mit der Explosion der Gefängnisbevölkerung in den letzten dreißig Jahren noch einmal radikal verschärft haben, ist der afroamerikanische Journalist Mumia Abu-Jamal, der vor 22 Jahren wegen angeblichen Polizistenmordes verhaftet und kurz darauf zum Tode verurteilt wurde. Sein Fall vereint in grotesker Weise alles, was gerade angesprochen wurde: Afroamerikanische, hispanische oder indianische US-Bürger brauchen in schwerwiegenden Verfahren wie Mordprozessen nicht mit Gerechtigkeit zu rechnen; des Armen Recht ist, wie in der berühmten Zeile der „Internationale“, gerade in US-Amerika ein leeres Wort, und schließlich versäumt der Staat vor Gericht selten eine Gelegenheit, sich an seinen Kritikern zu rächen, und zwar umso mehr, je grundsätzlicher die Kritik war, die zuvor vorgetragen wurde. In Abu-Jamals Fall war diese Kritik sehr scharf; er war 1969-1970 Mitglied der militanten Bürgerrechtsorganisation Black Panther Party gewesen, die sich gegen die rassistischen Übergriffe weißer Polizisten auch mit der Waffe in der Hand zur Wehr setzte, dies nebenbei bemerkt ein Recht, das die US-Verfassung ALLEN Bürgern zugesteht – nur dass die meisten Weißen bis dahin der Auffassung gewesen waren, dieses Recht stehe nur ihnen zu. Später unterstützte Abu-Jamal die radikalökologische Organisation MOVE und zog sich dadurch erneut den Hass der Autoritäten ein. Obwohl er sich strafrechtlich nie das Geringste zuschulden kommen ließ, betrachteten ihn die US-Behörden als Feind, und als er am 9. Dezember 1981 als Unbeteiligter in eine Schießerei geriet, griffen die Mechanismen: schwarz, arm, linksradikal erbarmungslos zu. Sein Prozess war, wie der so vieler anderer in den USA eine Farce, was so weit ging, dass die berühmte Menschenrechtsorganisation Amnesty International eigens einen über 30seitigen Bericht darüber herausgab. Zeugen wurden bestochen und Todesdrohungen ausgesetzt; die Polizei unterschlug oder fälschte ihre Ermittlungsergebnisse; der Richter war einer der bekanntesten Rassisten in schwarzer Robe in den ganzen USA und gab, wie sich später herausstellte, während des Prozesses den Satz von sich „Ja, und ich werde der Anklage helfen, den Nigger zu grillen“; und der Staatsanwalt hetzte die Jury mit dem Verweis auf die ehemalige Mitgliedschaft Abu-Jamals in der Black Panther Party auf. Was ich hier skizziere, ist natürlich nur ein kleiner Ausschnitt aus den Rechtsbeugungen im Fall Abu-Jamal, und dieser Fall wiederum nur ein kleiner Ausschnitt aus den Rechtsbeugungen, die tagtäglich in den USA geschehen: vor allem gegen die Schichten der Bevölkerung, die ohnehin unterprivilegiert sind. Das Schlimmste an alldem ist, dass es zunehmend ein Weg ohne Wiederkehr ist. Während früher drakonische Strafen oft zur Bewährung ausgesetzt wurden und rassistische oder auf Klassen- und politischen Vorurteilen beruhende Verurteilungen of in einer späteren Instanz revidiert wurden, bleibt diese Lösung mit der Verschärfung von Law-and-Order-Gesetzen immer mehr verschlossen. So kommt es, dass Mumia Abu-Jamal trotz zunehmender Beweise für die Unrechtmäßigkeit seiner Verurteilung nach 22 Jahren immer noch in der Todeszelle sitzt und möglicherweise hingerichtet wird, obwohl alles für seine Unschuld spricht. So kommt es aber auch, dass es in seinem und in vielen anderen Fällen eine weltweite Bewegung zur Rückgängigmachung dieses Unrechts gibt, denn wie das Sprichwort vieler solcher Bewegungen ganz zurecht sagt: „Wo Unterdrückung ist, gibt es Widerstand!“
Moderator: Ok, dann kanns losgehen. Ich begrüsse Dich herzlich beim dol2day Chat. Stellst Du Dich eben noch kurz vor?
Michael_Schiffmann: Ja, mache ich gerne. Ich bin Michael Schiffmann aus Heidelberg und bin seit Ende 1999 zur Unterstützung des US-amerikanischen schwarzen Journalisten Mumia Abu-Jamal tätig. Er sitzt seit 22 Jahren in der Todeszelle, weil er einen Polizisten umgebracht haben soll. Alles spricht dafür, dass er unschuldig ist.
: marillion_(ksp) hat den Raum betreten
marillion_(ksp): hallo! hab mich ein wenig verspätet
Moderator: Es gibt ja weltweit Organisationen, die sich für die Freilassung von Mumia Abu Jamal einsetzen. Wie kommt es dazu? Es gibt ja eine Menge Leute, die in den USA in der Todeszelle sitzen. Wieso gerade er?
Moderator: Hi Marillion :)
Michael_Schiffmann: Das macht nichts. Es ist mein erster Chat heute. Können die anderen Leute, die vielleicht noch kommen, mein langes Eingangsstatement auch lesen?
Moderator: Können sie. In den Chat selber kommt keiner mehr rein, aber man kann von "aussen" mitlesen.
Moderator: und Fragen stellen :)
marillion_(ksp): auch in den USA wird doch an diesem Urteil gezweifelt. Nicht umsonst ist er Ehrenbürger von vielen Städten. Kannst du mal kurz die größten Städte aufzählen?
Michael_Schiffmann: Wie es dazu kommt? Das ist eine gute Frage. Ich denke, dass es daran liegt, dass sich in seinem Fall so viele Elemente der Ungerechtigkeit des US-Justizsystems vereinigen. Vor allem die drei, die ich genannt habe: Rassimus, Klassenvorurteile, Unterdückung politisch Andersdenkender. Große Städte, in denen Mumia Ehrenbürger ist, sind v.a. Venedig und Paris, aber es gibt auch zahlreiche andere Städte in Frankreich, Italien und DÄnemark, leider noch nicht in der BRD.
Moderator: Frage von 584-ai.Tc an Michael Schiffmann:    "Das Eingangsstatement kann gelesen werden. Am besten kopieren und sich in Word reinposten, dann kann man es in ruhe nebenher lesen. Ist übrigens sehr geungen, da es über die reine Soliarbeit hinausgeht und den Hintergrund in den USA beleuchtet."
Moderator: Frage von eiskaktus an Michael Schiffmann:    "Setzt sich Euer Netzwerk auch für andere , vermutlich unschuldig ,verurteilte ein ?"
marillion_(ksp): zur Info: es wird versucht in Berlin ihn zum Ehrenbürger zu machen
Michael_Schiffmann: Ja, tut es. Das Netzwerk fürMumia konzentriert sich zwar aus den genannten Gründen auf seinen Fall, setzt sich aber auch für den indianischen Gefangenen Leonard Peltier und andere politische Gefangene in den USA und im Übrigen auch Europa und der BRD ein.
Moderator: Frage von Poisonfree an Michael Schiffmann:    "Ich habe gehört das Verfahren ist wiederaufgenommen worden ist das richtig?"
Michael_Schiffmann: Zur Frage der Ehrenbürgerschaft in Berlin: Angeblich sieht es so aus, dass Berlin nur TOTE zu EhrenbürgerInnen erklärt. Passt zu der sozial(demokratisch gesehen toten Politik der dort regierenden Koalition.
Michael_Schiffmann: Zur Frage von Poisonfree: Nein, leider ist das nicht der Fall. Das TODESURTEIL gegen Mumia ist am 18. Dezember 2001 aufgehoben worden, aber auch das nur vorläufig. Beide Seiten haben Berufung eingelegt, die Anklage, weil sie möchte, dass Mumia getötet wird, die Verteidigung, weil sie möchte, dass er freikommt.
Moderator: Frage von sesqui an Michael Schiffmann:    "Welche Vorteile siehst du in dem Versuch, die Verurteilung wegen Mordes an einem Polizisten statt als juristische als politische zu führen?"
Michael_Schiffmann: Die Verteidigung in einem derarrtigen Prozess ist immanent politisch, weil die Staatsanwaltschaft dies in der Regel von sich aus so handhabt. In Mumias Fall hätte eine Jury von Seinesgleichen eigentlich mehrheitlich aus Schwarzen bestanden, da er aus den pechschwarzen Sozialsiedlungen kam. Statt dessen war seine Jury zu 83 % weiss.
Moderator: Frage von IrrerKahn an Michael Schiffmann:    "Ist die Ungerichtigkeit des US-Justizsystem nicht eigentlich auf den Gegensatz Arm-reich und nicht schwarz-weiß begründet?"
Michael_Schiffmann: Bis andere Fragen/Beiträge kommen, zur Frage von eiskaktus, ob wir uns für andere einsetzen: Es geht nicht nur um eine Person, so wunderbar und inspirierend diese auch sein mag. Es geht um Ungerechtigkeit/en, die uns alle btreffen, nicht nur in den USA.
Moderator: @alle, die zu spät gekommen sind: Worum es in dem Fall Mumia Abu Jamal geht, könnt ihr auf jeden Fall im Chat-Transkript lesen. Ansonsten kann Michael sicher eine Internetseite empfehlen?
Moderator: Frage von crane an Michael Schiffmann:    "Sie wollen also, dass nur Schwarze über Schwarze und nur Weiße über Weiße urteilen dürfen? Das ist purer Rassismus!"
Michael_Schiffmann: Zu IrrerKahn: Wieder eine gute Frage. Diese Gegensätze überlappen sich. Es gibt aber wie in der BRD eine Abstufung, wo die einen die "Nigger" der anderen sind. Und in den USA stehen die Native Americans ganzunten, dann die Afroamerikaner, dann dieLatinos, die Asiaten sind fast schon Weiße ehrenhalber, und dann kommen die Weißen. Dazu quer, aber doch weitgehend snchron verläuft der Klassengegensatz.
Moderator: Frage von sesqui an Michael Schiffmann:    "Linkhinweis: Transskripte über den Prozess gegen Mumia Abu-Jamal gibt es auf http://www.justice4danielfaulkner.com/frames.html"
Michael_Schiffmann: Nein, ich möchte nicht, dass das so aufgespalten wird. Aber es ist doch klar, dass eine Jury aus Beverly Hills/Hollywood nicht über die Probleme und Motive von Schwarzen und Einwanderern in Soth Central Los Angeles urteilen kann!
Michael_Schiffmann: Ich kenne die Protessprotokolle zu Mumia, und sie sind der beste Beweis dafür, welches Unrecht damals geschehen ist.
Moderator: Frage von pogobi an Michael Schiffmann:    "welche organisationen unterstützen u.a. die freilassung ?"
Moderator: @Michael: Das war nur ein Hinweis für die Leute, die die Geschichte nicht genau kennen.
Michael_Schiffmann: Ich empfehlejedem/jeder, der genug Englisch kann, diese Protokollezu lesen. Man kann sie auch an einem Stück von mir bekommen, als PDF oder Word. Es gehört zu den wenigen guten Unternehmungen der angegebenen, von Polizeiorganisationen in den USA betriebenen Websites, dass sie diese Protokolle zugänglich gemacht hat.
Michael_Schiffmann: Mumias FREILASSUNG wird vor allem von linken Organisationen unterstützt.Die AUFHEBUNG SEINER VERURTEILUNG wird von zahlreichen Einzelpersonen und Organisationen, vom portugisischen Parlament über Abgeordnete des japanischen Dais bis hin zu Amnesty International und einzelnen Abgeordneten christlicher Parteien in Europa unterstützt.
Moderator: Frage von JuliaCure an Michael Schiffmann:    "sollte man einer jury nicht objektivität und die fähigkeit jeden nach dem gesetz gleich zu beurteilen zusprechen? wieso sollte ich jemanden anders behandeln weil er aus armenvierteln stammt?"
Moderator: Kleiner Hinweis auf die Mumia Ini in dol : http://www.dol2day.com/index.php3?position=14000&ini_id=369
Michael_Schiffmann: Das Problem ist, dass jemand, der nicht aus Armenvierteln stammt, die Probleme solcher Leute meist nicht versteht. Umgekehrt im Übrigen genauso. Hier hast du ein erstes Beispiel für Diskriminierung. Es dürfte praktisch nie vorkommen, dass wirklich arme Leute über Reiche urteilen. Umgekehrt aber schon.
marillion_(ksp): Michael Moore hat sich in seinem neuen Buch sehr negativ über Mumia geäußert und auch geschrieben er ist der Meinung Mumia sei schuldig. Was sagst du dazu?
Michael_Schiffmann: Zweitend beginnt das Problem schon bei der Juryauswahl. Bei der Jury in einem Mordfall dürfen nur Leute mitmachen, die mit der Todessttrafe einverstanden sind. Frauen und Angehörige ethnischer Minderheiten sind damit überproportional ausgeschlossen, weil sie meist stärker als der jeweils andere Teil der Bevölkerung gegen die Todesstrafe eingestellt sind.
Moderator: Frage von sesqui an Michael Schiffmann:    "" Das Problem ist, dass jemand, der nicht aus Armenvierteln stammt, die Probleme solcher Leute meist nicht versteht". Welche Art von Armut rechtfertigt denn so einen Polizistenmord?"
Michael_Schiffmann: Michael Morre Äußerung war, wieer inzwischen selbst zugegeben hat, absolut unverantwortlich. Michael Moore hat keinerlei Beweis dafür, dass Mumia "wahrscheinlich den Typen umgebracht hat"; ausführlichere Kommentare dazu sind von mir per e-mail (mikschiff@t-online.de) erhältlich. MM gibt in seinem Buch als einzige Quelle zu Mumia Amnesty International an, und Amnesty bezieht ausdrücklich KEINE Position zu Mumias Schuld oder Unschuld.
Michael_Schiffmann: Di Frage ist ja zunächst einmal, ober er diesen Mord überhaupt begangen hat. Gut situierte weiße Geschworene neigen, wie durch zahlreiche Studien empirische belegt, dazu, arme Schwarze, Latinos und erst recht Indianer für schuldig zu haltenund ihnen nicht das Vorrecht des Zweifels zuzusprechen. Zweitens kommt es auf die Umstände an. Hat der Angeklagte vielleicht in Selbstverteidigung gehandelt, weil er, wie in Armen- und Schwarzenvierteln oft der Fall, von dem fraglichen Polizisten misshandelt wurde? Der Fall Mumias begann damit, das, Mumias Bruder Billy Cook von dem später getöteten Polizisten blutig geschlagen wurde - bei einer "normlen" Verkehrskontrolle!
Michael_Schiffmann: Ich sollte vielleicht hinzufügen, dass ich selbstverständlich, ungeachtet ihrer unterdrückerischen und brutalen Rolle in den schwarzen und sonstigen Ghettos, NICHT dafür bin, Polizisten umzubringen. Aber die sozialen Spnnungen, die dort herrschen, führen leider of genau zu diesem Ergebnis, und eine Kriminaljustiz, die das nicht berücksichtig, gehört wohl eher ins 18. und 19. Jahrhundert als ins 20. oder 21.
Moderator: Aber Vorurteile sind doch ein prinzipielles Problem der Justiz, ein Richter kann diese Vorurteile genauso haben. Wie leitet sich Deine prinzipielle Kritik ab?
Moderator: Frage von sesqui an Michael Schiffmann:    "" Ich sollte vielleicht hinzufügen, dass ich selbstverständlich, ungeachtet ihrer unterdrückerischen und brutalen Rolle in den schwarzen und sonstigen Ghettos, NICHT dafür bin, Polizisten umzubringen" Gilt das auch für irakische Zivilisten und Soldaten? Nur mal so einwerfend: http://www.antikriegsforum-heidelberg.de/irakkrieg2/aktionen/panorama_mickschiff.html"
Michael_Schiffmann: Ja, die Vorurteile ziehen sich durch das gesamte System der Kriminljustiz, weil sie die Vorurteile widerspiegeln, auf denen der gesamte Staat aufgebaut ist. Der US-Staat ist auf dem Völkermord an der UR-Bevölkerung und der Ausbeutrung von zig Millionen aus Afrika geraubten Schwarzen aufgebaut, und die Justiz spiegelt das bis heute wieder, da esin den USA nicht einmal das kümnmerliche Maß an Wiedergutmachung gegeben hat wie in Deutschland gegenüber den Juden.
Moderator: Wie ist denn dann Dein Ansatz diese Vorurteile zu ändern, wenn jeder Richter sie haben kann?
Michael_Schiffmann: Die Bevölkerung im Irak hat als unprovoziert überfallene ein Recht auf Widerstand, auch auf bewaffneten Widerstand. Ich weiß nicht viel darüber, wie und von wem dieses Recht im einzelnen Fall ausgeübt wird. Was für unbewaffnete oder bewaffnete Aktionen nicht nur abstrakt und nach dem Völkerrecht, sondern konkret politisch und moralisch gerechtfertigt werden können, hängt vom Einzelfall ab. Es gibt derzeit Leute, die behaupten, sie seien gegen die US-Besatzung im Irak, schlagen aber als Massnahme zu deren Beendigung das Verteilen von Flugblättern an die GIs vor - das ist absurd!
Moderator: Nachsatz zu meiner Frage: Letztendliche Konsequenz wäre doch, das Justizsystem abzuschaffen, solange es Vorurteile gibt.
Michael_Schiffmann: Der nsatz ist, wie immer, und wie übrigens auch im Irak (siehe vorige Frage) die Mobilisierung der Bevölkerung. Vor allem der betroffenen Bevölkerung, gegen die diskriminiert wird: Schwarze, ethnische Minderheite, Frauen, Arme, aber nicht nur sie. Gerechtigkeit und das Bedürfnios danach kann oft in erstaunlichem Maß Grenzen überschreiten.
Michael_Schiffmann: Zum Nachsatz: Ich glaube nicht. Ich denke da an einen Satz von Noam Chomsky, in dem er sinngemäß sagt, eine unvollkommene Justiz ist immer noch besser als gar keine Justiz. Bei gar keiner Justiz würde sich vermutlich das zu Unrecht so bezeichnete Gesetz des Dschungels, in Wirklichkeit also das "Recht" des Starkeren durchsetzen.
Moderator: Frage von johnreed an Michael Schiffmann:    "wie groß schätzt die quote von justizirrtümern in den usa? ein urteil bedeutet ja noch lange nicht, dass der verurteilte die tat auch begangen hat. "
Michael_Schiffmann: Es gibt derzeit Schätzungen, dass von den 2 Millionen in Strafanstalten einsitzenden Menschen 200.000 bis 400.000 überhaupt keine Straftat begangen haben. Zu ihnen gehört meiner Ansicht nach auch Mumia, auch Leonard Peltier, und eine Reihe anderer, deren Haft politisch motiviert ist. Charakteristisch ist, was sich im Bereich der Todesstrafe abspielt: Über 100(!) Leute mussten bisher freigelassen werden, weil sich gezeigt hat, dass sie nie hätten verurteilt werden dürfen. Ohne den hingebungsvollen Kampf zahlloser Leute wären diese Leute, zumeist tatsächlich unschuldig, hingerichtet worden. Allein der Gedanke daran muss in jedem gerechtigkeitsliebenden Menschen größten Horror aufkommen lassen.
marillion_(ksp): seit Bush an der Macht ist soll sich doch die Zahl der Gefangenen in den Gefängnissen um ein vielfaches vergrößert haben. ist dir die genaue zahl bekannt?
Moderator: Frage von Backo an Michael Schiffmann:    "Du sagtest vorhin ihr würdet auch in anderen Ländern, so z.B. in der BRD für politische Gefangene kämpfen. Wann und wo gab es hier politische Gefangene?"
Michael_Schiffmann: Dazu kommt die Frage, was ist ein Verbrechen? Der Besitz von 500 Gramm Pulverkokain kann einen 5 Jahre in den Knast kommen lassen; bei der "Armendroge" Crack-Kokain sind es 5 Gramm. Eine Disparität von eins zu Hundert. Wenn also ein Jugendlicher nach dem Dreimal-und-und-du-bisst-raus (genauer müsste es heißen du bist DRIN) Gesetz zum 3. Mal mitr einem Joint in dervTasche erwischt wird und für Jahre in den Bau wandert, ist er technisch gesehen schuldig - aber sehe wir das auch so?
Michael_Schiffmann: Die Zahl der Gefangenen in den USA ist seit Anfanhg der siebziger Jahre von ca 350.000 konrinuierlich gestiegen, unter jedem Präsidenten, unter jeder Partei, und unter Bush dem Kleinen ist es sogar ein bisschen weniger schlimm geworden sogar mit der Todesstrafe, wahrscheinlich einfach deswegen, weil das Maß gewissermaßen voll ist. Jetzt sind es 2,1 Millionen Gefangene, so wie schon unter Clinton, und 60-70 Hinrichtungen. Genaue Zahlen kannst du von mir über meine Mailadresse (siehe oben) bekommen.
Moderator: Frage von IrrerKahn an Michael Schiffmann:    "Beziehen sich die "Justizirrtümer" nur auf Minderheitenangehörige? oder auch auf Weiße?"
: Moderator hat den Raum verlassen
: Moderator hat den Raum betreten
Michael_Schiffmann: Es gibt in der Bundesrepublik immer noch Gefangene aus der RAF wegen der Jahre des bewaffneten Kampfes gegen das politrische System der BRD v.a. in den siebziger und achtziger Jahren. Man muss diese Form des Kampfes nicht billigen, um zu sehen, dass es sich hier um politische Gefangene handelt. Sie sind nicht nach "normalen" rechtsstaatlichen Kriterien (die ebenfalls hinterfragbarund oft fragwürdig genug sind) verurteilt worden, sondern weil sie sich zu dieser Art der Politik bekannt haben, und sie sitzen tw. immer noch, obwohl vergleichbare Verurteilte in aller Regel längst draussen wären. Statt Versöhnung und Redcht will der Staat hier offenbar Rache.
Moderator: Frage von sesqui an Michael Schiffmann:    "Backo: Erich Honnie war für einige Tage Gefangener :) Bis er exiliert wurde, weil das Rechtssystem der BRD es verbietet, Menschen zum puren Objekt zu machen."
Moderator: Frage von Backo an Michael Schiffmann:    "Sie tuen bisher geradezu so, als sei das US Justizsystem eines der ungerechtesten dieser Erde, aber können Fehlurteile nciht auch in Deutschland vorkommen? Wieso konzentriert sich ihre Initiative auf eines der demokratischsten und rechtsstaatlichsten Systeme der Erde? Wieso kämpfen Sie nicht gegen die weit größeren Ungerechtigkeiten in anderen Staaten?"
Michael_Schiffmann: Justizirrtümer beziehen sich ganz entschieden auch auf Weiße. Ein sehr berühmter Fall ist der von Carol Cessman, der zu Unrecht beschuldigt wurde, seine Frau ermordet zu haben, und der dann seinersweits vom Staat ermordet wurde. Und für Weiße im Armenhaus der USA (Apalachia, Großstadtghettos) gilt, dass sie ähnlicher Ungerechtigkit durch die privilegierten Schichten ausgesetzt sind wie die Minderheiten.
Moderator: Frage von sesqui an Michael Schiffmann:    "Oh, die Frage finde ich wichtig, die Backo gestellt hat. Michael: Hast du damals vor der irakischen Botschaft demonstriert, als Familienangehörige von Saddam Hussein zurück in den Irak gelockt wurden und dann ermordet wurden (ohne Jury)?"
Moderator: Frage von crane an Michael Schiffmann:    "Sie glauben also die RAFler sitzen nicht wegen ihren Morden sondern weil sie "politisch unangenehm " sind?"
Michael_Schiffmann: Die Frage mit Honnecker hb ich nicht verstanden. Die andere Kritik, dass es so aussehen könnte, als gebe es Unrecht nur in den USA, ist berechtigt. Das ist ganz entschieden nicht der Fall, daher mein Verweis auf die andereen Fälle. Was aber stimmt, ist, dass die USA mittlerweile ganz außerordentlich auf ein repressives,, superreaktionäres Justitsystenm orientiert sind. Die Zahl der Gefangenen pro Einwohner beträgt dort nun über 600 proTausen; in der BRD sind es 80, in GB 100. Das ist schon ein Unterschied.
Moderator: Frage von Poisonfree an Michael Schiffmann:    "Zweifelst du an dem System der Bestrafung überhaupt, oder findest du Gefängnisstrafen sind gerechtfertigt?"
Michael_Schiffmann: Zu crane: Teils teils. Ich würde nicht behaupten, dass sie nichts getan haben, mit dem sich auseinanderzusetzen sie auch gezwungen sein sollten. Ich habe aber Gelegenheit gehabt, zu sehen, in welchem Zustand manche von ihnen aus der Haft entlassen wurden, und manche von ihnen sitzen seit weit über 20 Jahren immer noch. Dafür gibt es keine Rechtfertigung, und auch keine andere wirkliche Erklärung als die, dass der Staat an ihnen ein Exempel statuieren will. Exempel statuieren zu wollen hat aber mit Recht nichts zu tun.
Moderator: Frage von Schia an Michael Schiffmann:    "Da stimmt jetzt irgendwas nicht! Es können nicht 600 von 1.000 Einwohnern der USA in Haft sein, das wären dann ja über die Hälfte der Bevölkerung!"
Michael_Schiffmann: Poisonfree: Ich zweifle an dem System überhaupt, bin aber noch zu keinem endgültigen Schluss gekommen. US-Linke wie Angela Davis und der Historiker Howard Zinn sind für die Abschaffunmg der Gefängnisse, ich denke derzeit über die Frage nach. Auf jeden Fal bin ich für mehr Sozialprogramme zur Verhinderung von Verbrechen, für Täter-Opfer-Ausgleich, für Resozialisierungs etc. etc.
Michael_Schiffmann: Schia beweist, dass man nicht sinnlos vor sich hin schreibt, sondern dass Leute lesen, was man sagt. Es muss natürlich heißen 600 pro 100.000!
Moderator: Frage von Backo an Michael Schiffmann:    "Du bist also der Meinung selbst bei schweren Mord oder Vergewaltigung seien 20 Jahre nicht angemessen? "sitzen seit weit über 20 Jahren immer noch. Dafür gibt es keine Rechtfertigung""
Michael_Schiffmann: Ja. Dieser Meinung bin ich. Ich glaube, dass es Leute gibt, die schwer und unheilbar krank und zugleich gewalttätig sind, und diese Leute sollte man unter Bewqachung halten und von der Allgemeinheit weitgehend fernhalten. Aber hast du dir einmal vogestellt, wie es ist, 20 Jahre lang in einem Gefängnis zu sitzen? Warst du schon einmal in einem Knast? Und wie alt bist du?
Moderator: Frage von CrazyHorse an Michael Schiffmann:    "Sind sie auch wirklich für die komplette Abschaffung der Gefängnisse? Ich dachte eher, sie wohlen den Strafvollzug reformieren, von Abschaffen kann keine Rede sein."
Michael_Schiffmann: Ich habe darauf gerade schon geantwortet: Ich weiß esnoch nicht, beschäftige mich gerade selbst mit dieser Frage. Ein produktiver Schritt wäre auf jeden Fall eine Rückkehr zu den Gedanken der sechziger und siebziger Jahre, als man selbst in den USA vielfach davon ausging, dass Gefängnisse vielleicht einmal abgeschafft werden und durch eine Rehabilitierung der Täter durch die Gemeinschaft in der sie leben ersetzt werden könnten.
Moderator: Frage von Backo an Michael Schiffmann:    "Und wie soll man die persönliche Bewachung einer Person bezahlen? Und wie stelltst du dir eine Welt vor in dem ein Mörder, Vergewaltiger, Terrorist oder Kinderschänder nichteinmal ins Gefängnis kommt?"
Moderator: Frage von crane an Michael Schiffmann:    "Aber hast du dir einmal vogestellt, wie es ist, 20 Jahre lang in einem Gefängnis zu sitzen? Warst du schon einmal in einem Knast? " Deswegen begehe ich keine Morde!"
marillion_(ksp): Vorhin ist ja schon einmal die Bezeichnung "arm-reich" gefallen. Meinst du eine ökonomische Besserstellung der Minderheiten würde das US-Strafsystem entlasten?
Michael_Schiffmann: Deswegen begehe ich keine Morde ist keine Antwort. Außerdem glaube ich dir nicht, dass du keine Morde begehst, weil du andernfalls 20 Jahre in den Knast wandwern könntest. Die meisten Leute, die in ÜBERWÄLTIGEND hohem Maß meisten Leute tun sowas nicht, weil sie wissen, dass es falsch ist. Das nicht zu wissen unbd zu mordfen und zu vergewaltigenist eine Pathologie, die bei manchen Leuten nicht mehr rückgängig zu machen sein mag, bei vielen, in Wirklichkeit den meisten aber schon. Ein Schlüssel dafür ist, dass jede solche Tat, zu einem wie kleinen Teuil auch immer, nicht nur ein Versagen des Täters, sondern auch eines der Gemeinschaft darstellt. Ist es nicht eun Versagen der Gemeinschaft von heute, wenn sie allgemeinen Egoismus predigt, Stichwort "Geiz ist geil", oder in der schöneren, poetischeren Variante des Mottos zu dem Kaspar Hauer Film aus den siiebzigern: "Jweder für sich und Gott gegen alle"? In der Wirtschaft und in der Politik wird es oh praktizierz, manche übertragen es auf ihr persönliches Leben...
Moderator: Frage von sesqui an Michael Schiffmann:    "Wie grenzt sich dieses "bundesweite Netzwerk" gegen Versuche ab, den juristischen Fall Mumia Abu-Jamal zu einer Generalabrechnung mit dem Justizsystem der USA zu machen?"
Michael_Schiffmann: Arm-reich. Absolut. In Wirklichkeit gibt es eine klare Korrelation zwischen dem Auseinanderklafen der Schere Arm/Reich (die wiederum in hohem Maß ethnisch bestimmt ist) und dem Ternd, immer mehr "überflüssige", d.h. für die Gewinne der Konzerne überflüssige Menschen in den Knast zu stecken. Auch die teilweise unbestreitbare Tatsache, dass Verbrechen ein schwarzes/braunes/indianisches (in deutschland: türkisches/russlanddeutsches) Phänomen sind, muss auf dem Weg der Aufhebung der Diskriminierung und der Einführung echter Gleichheit gelöst werden.
marillion_(ksp): aber die Massen organisieren sich nicht gegen dieses System oder wie in der USA nicht mehr. es kann doch nicht die Sache der Arbeiter ;o), sprich in unserem Fall der durch eventuelle rassistische Gerichtsurteile verurteilten Minderheiten sein, in einem System andere kämpfen zu lassen? Wie groß ist dieser Widerstand nun wirklich in den USA
Michael_Schiffmann: Was mich persönlich betriffgt, grenze ich mich gegen derartige Versuche nur insoweit ab, als sich Leute vielleicht bequenm tzurücklehnen und sagen: "Ah wußten wirs doch mal wieder, die Amis!" Zur Selbstzufriedenheit besteht, ie ich oben angedeutet habe, kein Grund. Auch in Deutschland und in Resteuropa wandern immer mehr Leute in een Knast satt dass sie gutre Bildungsmöglivchkeiten und einen Lebensfreude spendenden Job bekommen. Aber anklage will ich das GESAMTE US-Justizsystem schon. Es ist das krasseste Beispiel einer Entwixcklung, die derzeit fast überall läuft; das ökonomische Stchwort ist Neoliberalismus. Auf der anderen Seite gibt es gute Traditionen, gerade in den USA, die Verfassung nämlich und die sogenannte "Bill of Rights", d.h. die ersten Zahn Verfassungszusätze. Sie sichern Freiheiten zu, wie sieauf der Welt wohl einzigartig sind; das Problem ist nur, dass diese US-Verfassung samt der Billof Rights in den letzten 20-30 Jahren total durchlöchert worden ist
Moderator: Frage von Backo an Michael Schiffmann:    "Und was ist mit den Terroristen, z.B. der RAF? Diese begingen ihre Morde und ihren Terror nicht im Affekt und in vollem Wissen was sie anrichten. Gibt es da überhaupt Gerechtigkeit wenn sie vor ihrem Tod aus dem Gefängnis entlassen werden?"
marillion_(ksp): Siehst du Parallelen zwischen dem Fall gegen Mumia, welche ja eventuell rassistisch begründet sein kann und den Gefangenen auf dem Militärstützpunkt Guantanamo in Kuba, welche ja als Terroristen angeklagt werden sollen seit 2001?
Michael_Schiffmann: Doch, ich denke schon, dass Massen sich organisieren, aber von dieser alten Vorstellung, dass das nun unbedingt die Industriearbeiter sein müssen, müssen wir 120-150 Jahre nach Marx nun mal ablassen. Seien wir damit zufrieden, dass es eine enorme Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen, nmicht zuletzt der Justiz, tatsächlich gibt, und dass viele, viele, viele Leute etwas tun, auch wenn es nicht die Kreise oder gesellschaftlichen Sektoren sind, von denen wir es uns erhoffen würden. Zur Frage wie groß der Widerstand ist: Laut Noam Chomsky, der sich seit 40 Jahren damit beschäftigt, ihn zu organisieren zu helfen, um ein vielfaches größer als in den sechziger Jahren, als in den ersten Jahren des Vietnamkriegs niemand etwas mit dem Widerstand dagegen zu tun haben wollte.
Moderator: Frage von Twicer an Michael Schiffmann:    "Herr Schiffmann sind sie davon überzeugt, dass Kriminalität eine Erscheinung der Gesellschaft ist oder gestehen sie auch die Möglichkeit individueller Verschuldung ein ?"
Michael_Schiffmann: Zu Backo: Ja. Ixch denke, hier muss ein Dialog entstehen, so schwierig er auch vor allem für die Angehörigen der Opfer ist, aber was das betrifft, halte ich es mit Mahatma Ghandi, der gesagt hat, Das Prinzip Auge um Auge würde nur dafür sorgen, dass die ganze Welt blind wird. Es gint hierzu übrigens ein Buch des Ex-RAF-Mitgliedes Klaus Jünschke (siehe amazon oder an mich schreiben).
Michael_Schiffmann: Parallelen: Ja, es gibt extrem deutliche Parallelen, die Hautfarbe der meisten Gefangenen auf Guntanamo, Diego Garcia etc ist kein Zufall, und es ist kein Zufall, dass gerade sie Verfahrensweisen unterworfen werden sollen, die allen rechtstaatlichen Prinzipien Hihn spotten.
marillion_(ksp): sind dir eigentlich auch politische Verfahren, welche aktuell laufen, in der BRD bekannt?
marillion_(ksp): also wo du meinst es sind politische Verfahren
Moderator: Frage von sesqui an Michael Schiffmann:    "Michael, bist du sicher, daß du "Auge um Auge" so meinst, wie die Bedeutung lautet? Als Autor und Übersetzer solltest du genug Möglichkeiten haben, den Sinn dieses Ausdruckes zu kennen und zu wissen, daß es kein Vergeltungsmuster ist."
Michael_Schiffmann: Twicer: Es ist praktisch immer beides. Wenn ein Täter nicht geisteskrank ist, ist er immer auch individuell verantwortlich. Das ist ermiutigend, denn dadurch besteht die Möglichkeit, an ihn als Person zu appellieren und vielleicht (meines Erachtens: wahrscheinlich) in ihm ider ihr eine Veränderung herbeizuführen. Die Idee hingegen, man müsse dem Täter lediglich ein äquivalentes Mass des Schmerzes zufügen, den er seinen Opfern zugefügt hat, scheint mir absurd und auf immwer weitere Zerstörung ausgerichtet,
Moderator: Frage von Backo an Michael Schiffmann:    "@ Marillion Gab es jemals politische Verfahren in der BRD? Für was sollte man denn politisch angeklagt werden?"
Moderator: Frage von redmarkus an Michael Schiffmann:    "Setzt sich deine Organisation auch für die Abschaffung der Todeststrafe ein oder nur um die Befreiung vermeintlich "unschuldiger""
marillion_(ksp): @Backo der §129 StGB wird doch oft genug dafür her genommen
Michael_Schiffmann: Politische Verfahren in der BRD? Ja, nach dem, was ich gehört und gelesen habe, gibt es mehrere, die ich leider nicht so intensiv verfolgen konnte, wie ich es gerne gewollt hätte. Allen voran das Verfahren um die angebliche Revolutionäre-Zellen(RZ)-Mitgliedschaft mehrerer MitarbeiterInnen des Mehringhofes in Berlin, ein absolut erbärmliches Spektakel der Rechtsbeugung mitten im "Neuen Deitschland", das mir jedesmal ein schlechtes Gewissen mach, wenn ich davon (in der jungen Welt oder sanalyse und kritik) davon lese, weil ich nicht mehr dagehgen tue.
marillion_(ksp): @Michael Schiffmann Wie stehst du zum §129 StGB?
Moderator: Frage von Twicer an Michael Schiffmann:    "Ihrer Argumentation folgend entsteht Kriminalität also durch eine mangelnde individuelle Sozialisation des Täters ? "
Michael_Schiffmann: Ich habe gerade ein Beispiel für ein politisches Verfahren genannt. In diesem speziellen Fall hat die Anklage nichts als seit langem politisch missliwebige Angeklagte, einen gekauften Kronzeugen (ja, er bekommt ein Gehalt von über 1000 Euro, hat eine von Staat bezahlte Wohnung, einen Wasgen, Immunität usw. usf.), und die Angeklagten haben zusammen schon fast ein Dutzend Jahre im Knast verbracht, ohne dass es echte Beweise gibt.
Moderator: Frage von Backo an Michael Schiffmann:    "@ Moderator Bitte die Frage durchlassen wieso sich die Organisation auf die USA konzentriert obwohl dies ein Rechtsstaat ist"
Michael_Schiffmann: Zur letzten Frage: Im wesentlichen ja. Ich bin der Meinung, dass essich meist um etwas handelt, dass sich durch menschlichen (viellkeichtdurchaus sterengen) Umgang mit der betreffenden Person korrigieren lässt.
Michael_Schiffmann: KOnzentration aus USA: Weuil die US Teil des westlichen Lagers und der wichtigste Staat der Welt ist, Proteste aus Deutschland bewirken in den USA mehr als sagen wir mal im Kongo. Außerdem geht es darum, dafür zu sorgen, dass die USA auch einRechtsstaat BLEIBEN. Die Zeit ist alle: § 129 - bin ich genau wie zum Zeitpunkt seiner Einführung dagegen.
Moderator: Dann möchte ich mich sehr herzlich bei Michael Schiffmann für den spannenden Chat bedanken.
Michael_Schiffmann: Thank you for having me, dank auch an alle anderen
Moderator: Allen Anwesenden einen schönen Abend noch :)
marillion_(ksp): Ich sage auch danke und verabschiede mich :o)
marillion_(ksp): bis zum nächsten Chat :o)
: marillion_(ksp) hat den Raum verlassen
: Moderator hat den Raum verlassen
Michael_Schiffmann: Leider kann ich nicht so schnell schreiben, deswegen habe ich einige Frage nicht beantworten können - und sogar gar nicht gesehen teilweise. Bitte gerne mich kontaktieren unter mikschiff@t-online.de. Nochmals vielen Dank an dol und für alle die konstruktiven und interessanten Beiträge. Antwort auf eine wichtige Frage: Ja, ich bin gegen die Todesstrafe, immer. Und die meisten in unserer Bewegung sehen dies ebenso.
: Michael_Schiffmann hat den Raum verlassen