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Fragenübersicht "Autorennen Trabi-Wirtschaft gegen Mercedes-Wirtschaft" Was ist von dem folgenden Statement Rudolf Bahros auf dem SED-Sonderparteitag 1989 zu halten?
1 - 17 / 17 Meinungen
10.07.2023 07:59 Uhr
Ich habe seine Rede damals im Radio verfolgt und war von ihr begeistert. Ich war damals und noch eine ganze Weile später ziemlich "grün" unterwegs.

Realistisch muss ich aber aus heutiger Sicht sagen, dass es nur die halbe Wahrheit war. Das war ja nicht unsere freie Wahl, so zu wirtschaften. Wir waren Zwängen aus Ost wie West unterworfen. Es ist eine Illusion zu glauben, dass die DDR sich frei von äußeren Einflüssen hätte entwickeln können. Die Albaner haben es versucht und sind noch verheerender gescheitert.

Was aber kaum jemandem bewusst sein dürfte: Auch Ulbricht hatte sich Gedanken gemacht, wie man aus diesem Teufelskreis Trabi-Wirtschaft vs. Mercedes-Wirtschaft rauskommen könnte. Sein viel belächeltes und oft bewusst falsch verstandenes "Überholen ohne einzuholen" war Ausdruck dessen. Er hätte es näher erklären müssen aber wusste wahrscheinlich selbst nicht genau, wie man das angehen könnte.
10.07.2023 08:38 Uhr
@Compadre

Bahro kritisierte nicht nur den "Sozialismus in den Farben der DDR", sondern seine Kritik ging noch sehr viel tiefer. Im Prinzip sagte er, dass sich der Sozialismus, d.h. insbesondere die Ökonomen und Politiker unterschiedslos aller sozialistischen Länder, sich in die Falle hatten locken zu lassen, sich wie "Manager" zu verhalten und die wirtschaftliche Basis der Gesellschaft ausschließlich durch die Managerbrille wahrzunehmen und zu verwalten. Man stieg in den Systemwettlauf unter kapitalistischen Vorstellungen ein. Auch in Albanien, denn die Herrschaft einer diktatorischen Partei ist ja direkt abgeguckt von den Verwaltungsmethoden des Kapitals: Ein Gremium entscheidet praktisch alles, aber eben nicht die Gesamtheit der Gesellschaftsmitglieder.

Man wollte sich das 1989 natürlich nicht auf dem Sonderparteitag anhören. Denn dort träumte man von einem "demokratischen Sozialismus", zusammengesetzt aus Demokratie und ein bißchen mehr Kapitalismus. Aber die Messen waren schon lange vorher gesungen: Bei Stalin.
10.07.2023 09:13 Uhr
ich mag ihn nicht!

Mit "Zwang " in die FDJ, freiwillig in die SED, dann radikaler Grüner mit Lobgesänge auf Nordkorea, dann Erhaltung der DDR durch Autonomie


Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 10.07.2023 09:15 Uhr. Frühere Versionen ansehen
10.07.2023 09:27 Uhr
Zitat:
ich mag ihn nicht!

Mit "Zwang " in die FDJ, freiwillig in die SED, dann radikaler Grüner mit Lobgesänge auf Nordkorea, dann Erhaltung der DDR durch Autonomie



Natürlich ist Bahro eine ziemlich eigenwillige und eigenartige Person gewesen. Aber Bahro war nicht dumm und seine Feststellungen auf dem Sonderparteitag erwiesen sich grundsätzlich als zutreffend.
10.07.2023 09:37 Uhr
"Sonderparteitag erwiesen sich grundsätzlich als zutreffend."

Deshalb hat er ja auch Norkorea so bewundert und um den Erhalt der DDR gerungen.


Man muß immer das Gesamtbild eins Menschen beurteilen und nicht nur einzelne Äußerungen.
10.07.2023 09:54 Uhr
@Herbert

Um den Erhalt der DDR zu ringen, war 1989 erstmal nichts Schlechtes.

Wenn ich mir deine Äußerungen so anschaue, dann muss ich allerdings feststellen, dass du vielleicht nicht 1989, aber dafür heute um den Erhalt der DDR umso mehr ringst... :-)
10.07.2023 10:13 Uhr
ich sehe das komplett anders.

Der Materialismus hält den Laden zusammen. Und das kurioserweise sowohl in der Marktwirtschaft als auch im Sozialismus. Deswegen habe ich einen aufrechten Marxisten, der die Prämisse des Materialismus mitträgt, gewissermaßen das gleiche Ziel hat (Wohlstand, techn. Fortschritt) deutlich lieber als einen grünen Postmaterialisten, der uns deindustrialisieren will.
10.07.2023 10:24 Uhr
@Ph1L

Natürlich ist Bahros grüne Schlußfolgerung vielleicht nicht ganz tragfähig und unter den Bedingungen von 1989 wohl auch naiv. Aber von "Deindustralisierung" ist hier ja nicht die Rede.

Bahro stellt einfach auf die von Marx getroffene Feststellung ab, dass im Kapitalismus die lebendige Arbeit, der Mensch sozusagen, von toter Arbeit, also vom Kapital, eingesaugt wird. Damit hat die tote Arbeit den Primat gegenüber dem Menschen. Und jeder, der mit Managermethoden den Sozialismus in einen Wettlauf mit dem Kapitalismus zwingt, wird korrumpiert, egal was er sich sonst so für Ideologien im Kopf zurecht legt. Er hat verloren, weil er eigentlich nichts weiter ist als ein Staatskapitalist und das schlechter erledigt, was das private Kapital viel besser kann.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 10.07.2023 10:28 Uhr. Frühere Versionen ansehen
10.07.2023 10:31 Uhr
Zitat:
Natürlich ist Bahros grüne Schlußfolgerung vielleicht nicht ganz tragfähig. Aber von "Deindustralisierung" ist hier ja nicht die Rede.

Bahro stellt einfach auf die von Marx getroffene Feststellung ab, dass im Kapitalismus die lebendige Arbeit, der Mensch sozusagen, von toter Arbeit, also vom Kapital, eingesaugt wird. Damit hat die tote Arbeit den Primat gegenüber dem Menschen. Und jeder, der mit Managermethoden den Sozialismus in einen Wettlauf mit dem Kapitalismus zwingt, wird korrumpiert, egal was er sich sonst so für Ideologien im Kopf zurecht legt. Er hat verloren, weil er eigentlich nichts weiter ist als ein Staatskapitalist und das schlechter erledigt, was das private Kapital viel besser kann.


Ich habe es nur in den heutigen Kontext gestellt, wo eben Wohlstand und technischer Fortschritt dem Klima-/Umwelt-/Naturschutz geopfert werden. Im Kontext DDR-BRD und industrieller Wettbewerb zwischen den beiden Staaten ergibt deine Interpretation Sinn. Was aber nicht heißen muss, dass die DDR mit einem postmaterialistischen Ansatz besser gelaufen wäre. Der Fehler steckt im System der Planwirtschaft selbst bzw dass man die Menschen in einer Planwirtschaft so oder so nicht zu Höchstleistungen motivieren kann.
10.07.2023 10:50 Uhr
@Ph1L

Bahro bringt jedenfalls zur Sprache, was tatsächlicher Sozialismus haben müsste, aber als Realsozialismus nicht hatte und als Joint Venture Sozialismus mit bürgerlicher Demokratie auch nicht haben wird: eine andere Art der gesellschaftlichen Diskussion darüber, was Arbeit ist und wie der erarbeitete Reichtum und die Ergebnisse der Produktion zu verteilen sind. Und zwar eben unabhängig oder zumindest stärker als Markt und Geld.

10.07.2023 11:28 Uhr
Zitat:
"Autorennen Trabi-Wirtschaft gegen Mercedes-Wirtschaft" Was ist von dem folgenden Statement Rudolf Bahros auf dem SED-Sonderparteitag 1989 zu halten?


Interessant. Aber zu utopisch...

Vielleicht sollte man sagen "naiv"?
10.07.2023 11:42 Uhr
Zitat:
Zitat:
"Autorennen Trabi-Wirtschaft gegen Mercedes-Wirtschaft" Was ist von dem folgenden Statement Rudolf Bahros auf dem SED-Sonderparteitag 1989 zu halten?


Interessant. Aber zu utopisch...

Vielleicht sollte man sagen "naiv"?


Vielleicht wäre aber auch der Unfragenhintergrund aufmerksamer zu lesen...
10.07.2023 12:15 Uhr
Zitat:
Zitat:
Zitat:
"Autorennen Trabi-Wirtschaft gegen Mercedes-Wirtschaft". Was ist von dem folgenden Statement Rudolf Bahros auf dem SED-Sonderparteitag 1989 zu halten?


Interessant. Aber zu utopisch...

Vielleicht sollte man sagen naiv?


Vielleicht wäre aber auch der Unfragenhintergrund aufmerksamer zu lesen...


Einfach nur gegen Materialismus zu sein, ist zwar auf den ersten Blick sehr sympathisch, aber an sich eben noch nicht die Lösung.

Man muß den idealistischen, quasi "zivilspirituellen" Ansatz präziser fassen. Genau daran ist Bahro im politischen Betrieb leider gescheitert.
10.07.2023 16:49 Uhr
Er hat Recht, dass die DDR-Wirtschaft aus verschiedenen Gründen notwendig daran scheitern musst, gegenüber der BRD aufzuholen - aber mir scheint er hat nicht verstanden, dass der Sozialismus an sich bereits ein untaugliches System ist, eine Wirtschaft zu gestalten.
10.07.2023 16:54 Uhr
Zitat:
gesellschaftlichen Diskussion darüber, was Arbeit ist und wie der erarbeitete Reichtum und die Ergebnisse der Produktion zu verteilen sind.


Zumindest diesem Ausschnitt kann ich sogar zustimmen (ich bin allerdings nicht Phil): auch wenn die Grundlage meines Erachtens marktwirtschaftlich organisiert sein muss, bleibt Spielraum, wie die Gesellschaft auf dieser Grundlage sozial ausgestaltet werden kann.
10.07.2023 17:09 Uhr
Zitat:
Er hat Recht, dass die DDR-Wirtschaft aus verschiedenen Gründen notwendig daran scheitern musst, gegenüber der BRD aufzuholen - aber mir scheint er hat nicht verstanden, dass der Sozialismus an sich bereits ein untaugliches System ist, eine Wirtschaft zu gestalten.


Und der Kapitalismus ist ein Erfolgsmodell? Kriege um Märkte und Einflusszonen führen genau diesen "Erfolg" täglich ad absurdum, unabhängig davon ob man das vor der eigenen Haustür sehen kann. Eine Organisation, die diese Widersprüche abfedern oder verhindern will bewegt sich heute schon nah an einer Terrorismusdefinition.
10.07.2023 17:13 Uhr
Zitat:
Und der Kapitalismus ist ein Erfolgsmodell?


Lediglich das beste Modell das wir haben - ähnlich wie die Demokratie, trotz aller Mängel, aufgrund der Möglichkeit eine schlechte Führung auch wieder abzuwählen besser ist, als alle anderen Herrschaftssysteme.
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