Thema: Dresden Nazifrei - Die PsA zum 13. Februar 2010Neuer Beitrag
Von: Sean wiederweg (sean cool) Das Volk 10.06.2012 21:11 Uhr
17.02.2010 - Dresden Nazifrei - Die PsA zum 13. Februar 2010

In den letzten Jahren hatten sich die als "Trauermärsche" etikettierten Nazidemonstrationen in Dresden anlässlich der Jahrestage der Luftangriffe vom 13./14. Februar 1945 zum gesamteuropäischen Happening der rechten Szene entwickelt. Oft war es ihnen von Seiten der Stadt und der Polizei einfach gemacht worden, auf attraktiven Routen durch die Dresdner Innenstadt zu marschieren und ihre Geschichtsverdrehung ungestört von zivilgesellschaftlichem Protest zu verbreiten. Parolen wie "Ruhm und Ehre der Waffen-SS", die offenbar am Sonnabend gerufen wurden, Transparente und Reden, die von einem angeblichen "Dresdner Bombenholocaust" künden, zeigen, worum es auf diesem "Trauermarsch" wirklich ging. Die Verbrechen des Naziregimes sollten mit den Hinweis auf den angeblichen vorsätzlichen Massenmord an der deutschen Zivilbevölkerung relativiert werden, die Trauer gilt mehr dem Regime als den Bombenopfern. Verdrängt werden soll außerdem, dass es der von Nazideutschland begonnene Krieg war, der überhaupt die Bombardierung Dresdens nach sich zog.

Doch diesmal bestimmten die Nazis nicht das Bild des 13. Februars in den Medien, sondern die Aktionen vieler Dresdner und ihrer Gäste, "Stilles Gedenken" und die Menschenkette in der Dresdner Altstadt. Möglich geworden war das aber nur deshalb, weil die Nazis in diesem Jahr - zum ersten Mal überhaupt - nicht marschieren konnten. Dafür sorgten die ca. 10000 Menschen, die dem Aufruf des Bündnisses "Dresden Nazifrei" gefolgt waren und durch entschlossene Blockaden verhinderten, dass sich die versammelten Geschichtsrevisionisten Deutschlands und Europas in Bewegung setzen und die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft einmal mehr verhöhnen konnten.

Da die Blockaden friedlich verliefen - der sächsische Polizeipräsident Bernd Merbitz bestätigte am Montag noch einmal ausdrücklich, dass von den Blockierern selbst keine Gewalt ausgegangen sei - hatte die Polizei keine Handhabe den Nazis gewaltsam die Straße freizuräumen. "Wo wären wir heute, wenn die Polizei die Strecke am Samstag freigemacht hätte?", betonte er laut der Sächsischen Zeitung in einer Pressekonferenz. "Es hätte sich verboten, mit Gewalt gegen Kinder und ältere Frauen vorzugehen." Lediglich am Rande gab es Scharmützel mit der Polizei und Sachbeschädigungen durch einige wenige, die sich offenbar durch den Aktionskonsens des Bündnisses "Dresden Nazifrei" nicht gebunden fühlten, denn dort hieß es klipp und klar: "Wir leisten zivilen Ungehorsam gegen den Naziaufmarsch. Von uns geht dabei keine Eskalation aus. Unsere Massenblockaden sind Menschenblockaden. Wir sind solidarisch mit allen, die mit uns das Ziel teilen, den Naziaufmarsch zu verhindern."

Die PsA dankt allen die sich am entschlossenen gewaltfreien Widerstand gegen die Nazis beteiligt und damit auch das Demonstrationsrecht für Nichtnazis an diesem Tag durchgesetzt haben. Der gestrige Tag könnte eine Initialzündung für mehr zivilgesellschaftliches Engagement in Dresden sein, damit sich die Trauermarschspiele der letzten Jahre nicht wiederholen.

Der britische Historiker Fredrick Taylor hat die besondere Tragik der Zerstörung Dresdens so gekennzeichnet: "It was a wonderfully beautiful city and a symbol of baroque humanism and all that was best in Germany. It also contained all of the worst from Germany during the Nazi period. In that sense it is an absolutely exemplary tragedy for the horrors of 20th century warfare and a symbol of destruction." In diesem Sinne gedenkt die PsA den Opfern von Krieg und nationalsozialistischer Gewaltherrschaft, nicht nur in Dresden.