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Fragenübersicht Thema Beschneidung: Juden und Muslime wollen gemeinsam in Berlin demonstrieren - Was sagst Du dazu?
Anfang-2045 - 64 / 64 Meinungen
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07.09.2012 18:57 Uhr
@ Testdoler

Zitat:
Artikel einer dezidiert beschneidungskritischen Seite aber total seriös und glaubwürdig


Der betreffende Artikel wurde von zwei Ärzten verfaßt, die ca. 30 Artikel aus medizinischen Fachzeitschriften zitiert haben.

Darüber hinaus sind die Ausführungen über Geschlechtsverkehr und sexuelles Vergnügen für jeden intakten Mann unmittelbar nachvollziehbar.

Wenn du es hochoffizielle haben möchtest - hier ist der offizielle Standpunkt der Königlich-Niederländischen Ärztevereinigung:

knmg.artsennet.nl/web/file?uuid=579e836d-ea83-410f-9889-feb7eda87cd5&owner=a8a9ce0e-f42b-47a5-960e-be08025b7b04&contentid=77976

Ãœbersetzung:

http://www.beschneidung-von-jungen.de/home/koeniglich-niederlaendische-aerztevereinigung-knmg-beschneidung-minderjaehriger-jungen/knmg-standpunkterklaerung-zur-nicht-therapeutischen-beschneidung-2010.html
07.09.2012 19:02 Uhr
@ Ralf

Zitat:
Ich sehe keinen Aufstand der Religiösen gegen das Recht, nicht zu glauben und auch nicht so zu tun als ob. Dazu sind sie einfach viel zu wenige.


Ja und? Die absolute Zahl derjenigen, die die Beschneidung aus religiösen Gründen einfordern, ist ja ebenfalls gering.

Jetzt, wo die religiösen Gruppen begriffen haben, auf welche Knöpfchen sie bei unseren Politikern (und bei einem großen Teil der Mainstreampresse) drücken müssen, um ihren Willen durchzusetzen - sollen wir da wirklich annehmen, daß sie Zurückhaltung üben, wenn das nächste Mal ein Konflikt zwischen Staat und Religion aufbricht?
07.09.2012 19:09 Uhr
Zitat:
Medizinischer Aberglaube ist keine Rechtfertigung für eine Verstümmelung des männlichen Sexualorgans:

Welche Verstümmelung? Ist die Vorhaut für die Funktion des Penis etwa elementar wichtig? Ganz sicher nicht und länger zu können, ist auch was Schönes. Deshalb weg damit!
07.09.2012 20:22 Uhr
@ Tenderloin

Ist die Vorhaut für die Funktion des Penis etwa elementar wichtig? Ganz sicher nicht...

Die Empfindsamkeit des Penis wird durch eine Beschneidung extrem herabgesetzt:

Zitat:
The glans in the circumcised male is less sensitive to fine-touch pressure than the glans of the uncircumcised male. The most sensitive location on the circumcised penis is the circumcision scar on the ventral surface. Five locations on the uncircumcised penis that are routinely removed at circumcision were more sensitive than the most sensitive location on the circumcised penis.


http://www.cirp.org/library/anatomy/sorrells_2007/

Aber vielleicht bist du ja auch der Überzeugung, daß Klitoris, Klitorisvorhaut und Schamlippen für die für die Funktion der Vagina nicht "elementar wichtig" sind...

...und länger zu können, ist auch was Schönes.

Was ist denn das für ein Scheißargument?

Ich habe als intakter Mann nie ein solches Problem gehabt - und ich bezweifele, daß eine irreversible Operation die bestmögliche Therapie ist.

Darüber hinaus gibt es mittlerweile Studien, die daraufhin deuten, daß beschnittene Männer häufiger Orgasmusschwierigkeiten haben als intakte - und für ihre Partnerinnen gilt offenbar dasselbe:

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=21672947

Interessanterweise ist der Viagraverbrauch in Israel pro Kopf 20 mal so hoch wie in Deutschland:

Zitat:
The most condemning evidence I have discovered since I have started pharmacy school lies in the sales data sheet for Pfizer Pharmaceuticals’ drug sildenafil (Viagra), a PE-5 inhibitor commonly prescribed for erectile dysfunction.

As of 2010, the US was the largest consumer of Viagra, in terms of millions of dollars. Internationally, the largest importer of Viagra is the country of Israel. While they account for about %30 of all Viagra sales outside the US, I think the most telling evidence is that number in conjunction with the population of Israel. The population of Israel is about 8,000,000 people, according to recent estimates. For comparison, Germany is a country of an estimated 82,000,000 people, and they only consume less than half of the Viagra that Israel does, in spite of having more than ten times the population. This is quite a disparity.

It is now at the point that Pfizer is trying to market Viagra over-the-counter to meet demands in Israel.


http://barreloforanges.com/2012/07/17/the-unspoken-aspects-of-having-a-foreskin-a-guest-post-by-life-intact/

Deshalb weg damit!

Das ist eine Entscheidung, die jeder Mann selbst treffen kann.

An unmündigen Kindern ohne medizinische Indikation diese Operation vorzunehmen, ist nicht zu rechtfertigen.

Editiert: URL ergänzt

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 07.09.2012 22:23 Uhr. Frühere Versionen ansehen
07.09.2012 22:28 Uhr
@sol1

Wenn man die Stellungnahme der niederländischen Ärzte liest, vor allem wie sich das Verhältnis der Ärzteverbände in verschiedenen Ländern zu dem Thema mit der Zeit gewandelt hat, kann man hoffen daß die Beschneidung von Jungen eines Tages ebenso geächtet wird wie die Beschneidung von Mädchen.

Vermutlich wird das aber noch dauern.
07.09.2012 22:43 Uhr
"Wenn Juden und Muslime sich zusammenraufen, ist das erstmal positiv zu bewerten. Dass sich der Anlass um Penisse dreht, stört ja eigentlich nicht."

Dem ist nichts hinzuzufügen^^
07.09.2012 23:27 Uhr
Zitat:
Von: Deichgraf 07.09.2012 14:14 Uhr

Ganz schön mutig von den Juden. Schließlich riskieren sie, von ihren Demopartnern hinterher zusammengeschlagen zu werden.


Bislang ging der einzige Gewaltaufruf in dieser Angelegnheit von jüdischer Seite aus.

Zitat:
(...)

Der Gießener Arzt, der in Hof Strafanzeige gegen einen Rabbiner wegen der Beschneidung von Minderjährigen gestellt hatte, wehrt sich gegen einen offenbar ihm geltenden Gewaltaufruf im Internet. Er habe am Sonntag Anzeige erstattet, bestätigte ein Polizeisprecher am Montag auf Anfrage. Diese werde der Staatsanwaltschaft zur juristischen Prüfung übergeben.

Die österreichische Onlinezeitung „die jüdische“ hatte am Dienstag einen Artikel veröffentlicht, in dem es ohne Namensnennung des Arztes heißt: „Als persönliche Konsequenz dessen wünschte ich, es würden sich ein paar beherzte Juden finden, die sich den werten Herrn schnappen und ihm ruckzuck eine rituelle Beschneidung (humanerweise mit Lokalbetäubung) verpassen!“

Der Arzt sagte, in der Nacht zum Samstag habe vor seinem Haus „jemand im Gebüsch gehockt und Holzstöcke rhythmisch geschlagen, um mich zu verängstigen“. Er habe den Staatsschutz eingeschaltet und sich in einem Fax auch Hilfe suchend an Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) gewandt.

(...)


http://www.fr-online.de/rhein-main/beschneidung-gewaltaufruf-nach-anzeige-gegen-rabbi,1472796,17042774.html

Der Hetzartikel findet sich hier:

http://www.juedische.at/TCgi/_v2/TCgi.cgi?target=home&Param_Kat=16&Param_RB=&Param_Red=15134

Was hätte es wohl für einen Aufschrei gegeben, wenn ein solcher Aufruf auf einer muslimischen Website gegeben hätte?
08.09.2012 08:21 Uhr
Zitat:
Aber vielleicht bist du ja auch der Überzeugung, daß Klitoris, Klitorisvorhaut und Schamlippen für die für die Funktion der Vagina nicht "elementar wichtig" sind...

Haben Jungs nach dieser "Verstümmelung" etwa zeitlebens Schmerzen oder Traumata zu durchleiden? Daher hinkt dieser Vergleich. Und wenn die Frau nicht kommt, liegt es wohl eher am Mann, der mehr wichst als liebt.
08.09.2012 11:19 Uhr
So, muss jetzt auch mal meine Meinung loswerden:

Aus neutraler Sicht ist es ein Konflikt zwischen körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 GG) und Religionsfreiheit (Art. 4 GG).

Aus neutraler Sicht sind dies zwei elementare Güter, die im Falle der Beschneidung im Konflikt stehen.

Einem dieser Güter per Gesetz eindeutigen Vorrang einzuräumen wäre fatal.

Ich erinnere mich an die langjährigen Diskussionen zum Paragraphen 218 (Schwangerschaftsabbruch) und finde, dass die Demo eben zeigt, dass die Religionsgemeinschaften glauben, für Ihre Position werben zu müssen, weil die nicht-religiöse Sichtweise dominant erscheint.

/rMS
08.09.2012 11:38 Uhr
Zitat:
Der betreffende Artikel wurde von zwei Ärzten verfaßt, die ca. 30 Artikel aus medizinischen Fachzeitschriften zitiert haben.


Wow. Ich wette mir Dir, dass es mindestens 20 mal so viele Ärzte und 10 mal so viele Studien gibt, die das Gegenteil belegen.

In der Medizin ist es oft so wie in der Juristerei. Zwei Ärzte/Juristen, drei Meinungen. Man kann frei wählen, welcher man sich anschließen möchte und kann diese mit vielen vielen Studien belegen. In Diskussionen führt das zu win-win-Situationen, weil jeder Recht hat ;)
08.09.2012 12:11 Uhr
@ Tenderloin

Haben Jungs nach dieser "Verstümmelung" etwa zeitlebens Schmerzen oder Traumata zu durchleiden?

Mögliche Komplikationen bei dieser Verstümmelung:

Zitat:
6.1 Blutungen
6.2 Infektionen
6.3 Übermäßige Gewebsentfernung
6.4 Inklusionszysten
6.5 Meatitis
6.6 Meatustenose
6.7 Harnverhaltung
6.8 Phimose
6.9 Hypospadie und Epispadie
6.10 Harnröhrenfisteln
6.11 Nekrose
6.12 Lymphödeme
6.13 Komplikationen der Plastibell
6.14 Schmerzen beim Wasserlassen
6.15 Tod


http://www.pflegewiki.de/wiki/Komplikationen_der_Beschneidung

Daher hinkt dieser Vergleich.

Nein - es gibt ja auch schließlich eine ganze Reihe von Frauen mit verstümmelten Genitalien, die diesen Brauch verteidigen.

In welchem Ausmaß die sexuelle Empfindungsfähigkeit herabgesetzt wird, ist zumindest bei den "milderen" Formen unklar:

Zitat:
So gaben in einem strukturierten Interview 91 Prozent der infibulierten Frauen an, Sex als lustvoll zu empfinden, 8,57 Prozent erlebten regelmäßig einen Orgasmus. Von der Gruppe der Frauen mit leichteren Formen der Beschneidung gaben 86 Prozent an, Sex als lustvoll zu empfinden, 69,23 Prozent erlebten regelmäßig einen Orgasmus.

(...)

Eine in der Edo-Region in Nigeria durchgeführte Studie, die beschnittene Frauen mit einer unbeschnittenen Kontrollgruppe verglich, fand keine signifikanten Unterschiede zwischen beschnittenen und unbeschnittenen Frauen bezüglich der Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs, des Erlebens sexueller Erregung und der Häufigkeit eines Orgasmus. 71 Prozent der beschnittenen Frauen wurden nach Typ I, 24 Prozent nach Typ II beschnitten, es lagen also überwiegend mildere Beschneidungsformen vor.


Beschneidung_weiblicher_Genitalien

Das Problem ist das gleiche wie bei der Verstümmelung der männlichen Genitalien - da der Eingriff im Kindesalter vorgenommen wird, fehlt die Vergleichsmöglichkeit.

Und wenn die Frau nicht kommt, liegt es wohl eher am Mann, der mehr wichst als liebt.

Und einer der häufigsten Gründe dafür, daß ein Mann in einer Frau "wichst", ist eine an seinen Genitalien vorgenommene Verstümmelung.

Manche Frauen sprechen vom "Besenstil-Sex":

http://www.sexasnatureintendedit.com/10F/5broomstick.html

Unzählige weitere Äußerungen dieser Art finden sich auf:

http://pastie.org/3468181
08.09.2012 12:22 Uhr
@ rMS

Zitat:
Aus neutraler Sicht ist es ein Konflikt zwischen körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 GG) und Religionsfreiheit (Art. 4 GG).

Aus neutraler Sicht sind dies zwei elementare Güter, die im Falle der Beschneidung im Konflikt stehen.

Einem dieser Güter per Gesetz eindeutigen Vorrang einzuräumen wäre fatal.


Ich sehe diesen Konflikt nicht.

Es ist ja nicht die Religionsfreiheit des Kindes, die für die Rechtfertigung der Beschneidung in Anspruch genommen werden kann.

Und die Religionsfreiheit der Eltern hat hinter der körperlichen Unversehrtheit des Kindes zurückzustehen.

Das wird klarer, wenn man einen Blick auf den in Art. 140 GG inkorporierten Art. 136 der Weimarer Verfassung wirft:

Zitat:
Art. 136
(1) Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt.

(...)

(4) Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden.



08.09.2012 12:31 Uhr
Zitat:
Als nächstes käme dann womöglich die christlich-jüdisch-islamische Einheitsfront für einen verschärften Blasphemieparagraphen.

sollen sie die versuchen.
Ich muss auch das Anliegen nicht unterstützen und trotzdem es gut finden, dass die miteinander reden.:))
08.09.2012 12:35 Uhr
@ Testdoler

Zitat:
Ich wette mir Dir, dass es mindestens 20 mal so viele Ärzte und 10 mal so viele Studien gibt, die das Gegenteil belegen.


Solche Studien gibt es, weil die Beschneidung in den USA ein riesiges Geschäft ist und die Ärzte um ihre Einnahmequellen fürchten.

Bernard Shaw hat die Logik hinter solchen "medizinischen" Erwägungen wunderbar in seiner Vorrede zu en:The_Doctor's_Dilemma_(play) auf den Punkt gebracht:

Zitat:
I cannot knock my shins severely without forcing on some surgeon the difficult question, "Could I not make a better use of a pocketful of guineas than this man is making of his leg? Could he not write as well—or even better—on one leg than on two? And the guineas would make all the difference in the world to me just now. My wife—my pretty ones—the leg may mortify—it is always safer to operate—he will be well in a fortnight—artificial legs are now so well made that they are really better than natural ones—evolution is towards motors and leglessness, etc., etc., etc."


http://www.gutenberg.org/files/5069/5069-h/5069-h.htm

In Diskussionen führt das zu win-win-Situationen, weil jeder Recht hat ;)

Weswegen es hilft, solche Diskussionen auf die alltägliche Erfahrung runterzubrechen.

Und die Frage, ob ein intakter oder ein beschnittener Penis mehr Lust spenden kann, ist so ziemlich die gleiche wie die, ob eine Posaune oder eine Vuvuzela das variantenreichere Musikinstrument ist.
08.09.2012 12:37 Uhr
Zitat:
Ganz sicher nicht und länger zu können, ist auch was Schönes. Deshalb weg damit!

Auch zwangsweise bei allen ?:))
Ich tendiere da zur Freiwilligkeit. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass es anders wäre , wäre ich im jüdischen Glauben erzogen.
Ich halte ein Verbot der Beschneidung für falsch.
zur Umfrage:
Ich bleibe, trotz Sols scharfem nicht unberechtigtem Einwurf, bei der Freude darüber, dass sie miteinander reden und sogar eine Demo gestalten.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 08.09.2012 14:51 Uhr. Frühere Versionen ansehen
08.09.2012 12:49 Uhr
@sol1

Zitat:
Ich sehe diesen Konflikt nicht.

Es ist ja nicht die Religionsfreiheit des Kindes, die für die Rechtfertigung der Beschneidung in Anspruch genommen werden kann.

Und die Religionsfreiheit der Eltern hat hinter der körperlichen Unversehrtheit des Kindes zurückzustehen.


Ja. Es ist die Religionsfreiheit der Eltern und ich sehe nicht, wie Du entscheiden willst, welches Gut Vorrang hat.

Es ist allerdings ein Unding, dass Charlotte Knobloch den leisesten Zweifel an einem absoluten Vorrang der Religionsfreiheit der Eltern mit dem dritten Reich in Verbindung gebracht hat. Das hat mich echt wütend gemacht.

/rMS
08.09.2012 13:38 Uhr
@ rMS

Es ist die Religionsfreiheit der Eltern und ich sehe nicht, wie Du entscheiden willst, welches Gut Vorrang hat.

Reinhard Merkel hat ausführlich begründet, wieso die Religionsfreiheit der Eltern hier zurückzustehen hat.


Zitat:
Amerikanische Jurastudenten bekommen in ihrem ersten Semester eine Geschichte zu hören, die ein Sinnbild dessen entwirft, was Grundrechte sind und was nicht. Im goldenen Zeitalter wildwestlicher Freiheit gerät ein Cowboy in Streit mit einem anderen und schlägt diesen mit einem Fausthieb nieder.

Angeklagt wegen Körperverletzung und das Geschehen ohne weiteres einräumend, rechtfertigt sich der Täter vor dem Friedensrichter: "Hat ein freier Mann in einem freien Land nicht das Recht, seinen Arm zu schwingen?" Darauf der Richter: "In einem freien Land endet das Recht, deinen Arm zu schwingen, dort, wo die Nase des Andern beginnt."

(...)

Kein Freiheitsgrundrecht, welchen Gewichts immer, gestattet, unter welchen Bedingungen immer, das direkte Eindringen in den Körper eines anderen, und wäre der Eingriff noch so bagatellhaft. Das folgt nicht erst aus irgendeiner Abwägung. Auch eine solche kommt von Anfang an nicht in Betracht. Notrechte, die Körperverletzungen erlauben, gibt es selbstver-ständlich, die Notwehr etwa oder, in engen Grenzen, den Notstand.
Ein Freiheitsrecht, in den Körper anderer einzugreifen, ist nicht denkbar

Und manche Kollisionen personaler Freiheitsrechte mit der physischen Sphäre Dritter im gemeinsam beanspruchten öffentlichen Raum sind tatsächlich nur durch Abwägung lösbar - man denke an das Läuten der Kirchenglocke und das davon behelligte Ohr des ungeneigten Atheisten. Aber ein Freiheitsrecht, unmittelbar in den Körper anderer einzugreifen, ist nicht denkbar. Jede aktive Entfaltung eigener Freiheit, sei es der Religion, der Kunst, des Gewissens oder der, den eigenen Arm zu schwingen, endet an der Nase des andern (um von dessen Vorhaut nicht zu reden).


http://www.sueddeutsche.de/wissen/beschneidungs-debatte-die-haut-eines-anderen-1.1454055

Auch das elterliche Sorgerecht fällt als Begründung aus:

Zitat:
Aber die Beschneidung ist kein Akt der Erziehung, weder einer religiösen noch sonst irgendeiner. Sie ist das irreversible körperliche Mal der rituellen Integration in eine religiöse Gemeinschaft. Eine solche Integration auf Dauer zu sichern, liegt jenseits des Rechts der Eltern. Warum sollten sie zur Beglaubigung einer nicht dauerhaft erzwingbaren Zugehörigkeit dem kindlichen Körper ein unlöschbares Zeichen aufzwingen dürfen?


Mit einer Volte am Schluß seines Artikel plädiert Merkel schließlich doch für eine Straffreiheit, weil die deutsche Politik "wegen des hier organisierten scheußlichsten Massenmordes der Geschichte ganz gewiss eine weltweit singuläre Pflicht zur besonderen Sensibilität gegenüber allen jüdischen Belangen" habe.

Das kann aber wohl kaum die Grundlage für eine dauerhafte Lösung sein, wenn sowohl den Juden wie auch den Nichtjuden für eine Fortsetzung dieses Brauches kein besseres Argument einfällt als die Shoa.
08.09.2012 14:22 Uhr
Schöner Leserkommentar zu Aufsatz von Merkel:

Zitat:
Im Wesentlichen ganz klares Denken

... was auch bei Reinhard Merkel nicht anders zu erwarten war. Am Ende aber gerät die Klarheit leider ins Wanken, in der Form, in der Merkel auch schon seine Ausführungen im Ethikrat beendet hat:

"Nach welchen Kriterien welcher Vernunft ließe sich das politische Gebot der besonderen Sorge um jüdische Belange in Deutschland abwägen mit dem verfassungs- und menschenrechtlichen Gebot, alle Kleinkinder, auch die jüdischer Eltern, vor erheblichen Verletzungen zu schützen, die ihnen vorsätzlich beigebracht werden?"

Die erste formale Unsauberkeit liegt hier darin, dass "das politische Gebot der besonderen Sorge um jüdische Belange in Deutschland" von vornherein als diametral zu einem Beschneidungsverbot (was derzeit ja formale Rechtslage ist) angesehen wird, und da macht man (Merkel) es sich mE etwas zu leicht.

Man muss wohl erst einmal den Rahmen dessen abstecken, was unter dem "Gebot der besonderen Sorge um jüdische Belange in Deutschland" zu verstehen ist - insbesondere, wo dieses seine Grenzen hat. Ein solches Gebot kann ja nicht ernsthaft heißen: Egal was jüdisch-orthodoxe Kreise verlangen - wir setzen es um! -- sondern die Folgen müssen sich schon auch "irgendwie" an der Rechtsordnung orientieren, in der wir leben. Wurde vor vier Tagen noch von Heribert Prantl vom "Rechtsfrieden" schwadroniert als Argument /für/ die Beschneidung, ist mE zB die Kategorie des Rechtsfriedens gerade geeignet, hier eine Grenze des Gebots der besonderen Sorge mit aufzustellen. Denn wenn wir klare ethische Grundsatzentscheidungen(!) - nicht willkürlich in den Körper des anderen eindringen - im Einzelfall über Bord werfen, ist der Rechtsfrieden, ist damit die Rechtsordnung insgesamt in Gefahr. Ganz pragmatisch würde eine solche Entwicklung im Übrigen auch latenten Antisemitismus fördern, wobei die antisemitische Argumentation - "die wollen immer Ausnahmerechte" - sich dann auf ein tatsächliches und keineswegs eingebildetes Ungleichgewicht der Werte berufen würde. Eine solche Erkenntnis zu verallgemeinern und Menschen damit allgemein zu stigmatisieren wäre zwar immer noch Antisemitismus, aber wozu einem solchen rationale Gründe liefern?!

Nein, ich denke, hier hat Reinhard Merkel sich tatsächlich etwas zu sehr unter Druck setzen lassen von den religiösen Hardlinern, zu denen leider in dieser Frage auch Dieter Graumann gehört, der etwa der Diskussion inhaltlich ja ausweicht und alle schlechten Argumente immer wieder vorholt (etwa: das mit den Mädchen sei ein unzulässiger Vergleich etc). Man sollte schon die Ehrlichkeit haben und einfordern, nämlich dass solche Äußerungen tatsächlich eine Form von Kultur- und Religionschauvinismus darstellen. Solche Argumente und solches Denken sind zwar sachlich aber auch entschieden zurückzuweisen, da sie rational auch vollkommen haltlos sind. Wer nicht versteht oder verstehen will, dass bei der Beschneidung von Mädchen sich ein gleiches ethisches Ergebnis wie bei der Beschneidung von Jungen ergibt (und das Ergebnis ist bekannt und gefestigt), der kann nicht ernsthaft mit einer so besonderen Sorge bedacht werden, dass man dann das ethische Ergebnis vergisst; frei nach dem Motto: die verstehen's halt nicht, also räumen wir ihnen das Sonderrecht ein, auch wenn das eigentlich nicht funktioniert. Wenn aber die Funktionsträger und deren Verteidiger, die sich bisher besonders laut geäußert haben, in der Sache ihre rationalen Fehler verstehen, dann wird es glaube ich eine recht einfache Sache zu erklären, dass man nur Hü oder Hott sagen kann. /Vielleicht/ sagt dann noch jemand: OK, verstanden, dann möchte ich aber, damit wir auch Jungen beschneiden dürfen, die Milde Sunna bei den Mädchen zulassen.

Das wäre dann eine ehrliche Diskussion, bei der ich mir aber recht sicher bin, dass eine solche Position nicht durchsetzungsfähig wäre (Versuche durch Ärzte, auch nur den Ritual Nick in den Niederlanden, den USA oder Australien zuzulassen, sind immer wieder gescheitert - also "nicht einmal" das Anritzen oder Durchstechen der Klitorisvorhaut wird im Westen ethisch als "geduldet" anerkannt).
08.09.2012 19:03 Uhr
Wenns gegen diesen Staat geht sind sich auf einmal Juden mit Antisemiten einig.

Ist ja auch viel einfacher als die Sinnhaftigkeit althergebrachter Rituale zu hinterfragen.

Mit einer Religion, deren Weh und Ach daran hängt, dass die Vorhaut wegkommt, kann nicht viel los sein.....
08.09.2012 20:34 Uhr
@ foreverdol

Mit einer Religion, deren Weh und Ach daran hängt, dass die Vorhaut wegkommt, kann nicht viel los sein.....

Das ist natürlich auch eine indirekte Folge des Holocausts.

Charlotte Knobloch hat ja durchaus recht mit dieser Aussage:

Zitat:
Fakt ist, das deutsche Judentum hat die Schoah nie überwunden. Die wenigen, die sie überlebt haben, sind bis heute geprägt und bestimmt von der Abwesenheit jenes jüdischen Lebens des beginnenden 20. Jahrhunderts.


Prominente deutsche Juden haben schon im 19. Jahrhundert den Sinn der Beschneidung angezweifelt. Heute dagegen wird diese Debatte in den USA lebhaft ausgetragen (z.B. hier: http://www.huffingtonpost.com/miriam-pollack/circumcision-identity-gen_b_1132896.html ), während hierzulande die jüdischen Äquivalente der Piusbrüder aus Israel eingeflogen werden, um den Deutschen klarzumachen, daß um kein Jota von der Schrift abgewichen werden darf.
  GRUENE   IDL   SII, KSP   FPi
  CKP, KDP   UNION   NIP   PsA
  LPP   Volk, Sonstige
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