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Fragenübersicht Hat Theo Sommer mit seiner Einschätzung zum Erstarken des Rechtspopulismus und der Schwäche der Demokratie Deiner Meinung nach recht?
1 - 16 / 16 Meinungen
30.07.2019 09:39 Uhr
Es dürfte etwas dran sein, aber die Faktoren, die zum Erstarken der AfD geführt haben sind zu vielschichtig, um sie mit den schlichten Lösungsansätzen und Erklärungsversuchen des Theo Sommer allumfänglich zu beschreiben.
30.07.2019 09:42 Uhr
Zitat:
schlichten Lösungsansätzen




Den Artikel hast Du offensichtlich nicht zur Gänze gelesen.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 30.07.2019 09:42 Uhr. Frühere Versionen ansehen
30.07.2019 09:42 Uhr
Nicht einmal eine Bundeskanzlerin ist mächtig genug, gesellschaftliche Diskurse abzuwürgen. Das hat ja nicht einmal die Stasi in der DDR geschafft. Wir müssen uns schon alle selbst an die eigene Nase fassen, warum wir nicht geschafft haben, bessere Antworten als die AfD zu geben.

Einen großen Teil Schuld gebe ich dabei dem Reflex, auf Angriffe von rechts auf Merkel mit der Einstellung jeglicher Kritik an ihr zu antworten. Das ging zeitweilig bis in die Linkspartei hinein.
30.07.2019 09:44 Uhr
Zitat:
Den Artikel has Du offensichtlich nicht zur Gänze gelesen.


Er geht mir zu stark in Richtung: GroKo und Kanzlerinnen-Bashing. Natürlich hat er mit vielen seiner Thesen recht. Aber genauso fehlen ihm die Ansätze der Lösung. Er erinnert an einen Arzt, der sich völlig in der Anamnese verrennt und die Therapie vernachlässigt.
30.07.2019 09:46 Uhr
Zitat:
Nicht einmal eine Bundeskanzlerin ist mächtig genug, gesellschaftliche Diskurse abzuwürgen. Das hat ja nicht einmal die Stasi in der DDR geschafft.


D'accord.

Zitat:
Wir müssen uns schon alle selbst an die eigene Nase fassen, warum wir nicht geschafft haben, bessere Antworten als die AfD zu geben.


Haben "wir" ja - nur haben wir nicht den Zugang zu den großen Medien. Da sind wir wieder bei den demokratischen Parteien ...

Zitat:
Einen großen Teil Schuld gebe ich dabei dem Reflex, auf Angriffe von rechts auf Merkel mit der Einstellung jeglicher Kritik an ihr zu antworten. Das ging zeitweilig bis in die Linkspartei hinein.


Ein Dilemma in der Tat! Man ist ja - Du doch auch - sehr oft geneigt, Merkel (und auch Kohl) zu verteidigen.
30.07.2019 09:48 Uhr
Sehr interessant im Artikel finde ich die Beschreibung des typischen rechtspopulistischen Meinungsmenschen - auch gut übertragbar auf so manchen Account hier bei dol2day:

Zitat:
Es ist ein "Menschentypus, der darauf verzichtet, Gründe anzugeben und Recht zu haben, sondern sich schlichtweg entschlossen zeigt, seine Meinung durchzusetzen"; einem Typ, der meinen will, aber die Bedingungen und Voraussetzungen allen Meinens nicht anerkennt.
Es ist dieser Schlag Mensch, der sich in den sozialen Medien auf widerlichste, anonyme Weise auslebt und der sich zumal im rechtspopulistischen, völkisch-rassistischen "Flügel" der Alternative für Deutschland eingenistet hat. Dieser Flügel, schreibt Heribert Prantl, sei dabei, die AfD in einen braunen, völkischen Kampfverband zu verwandeln.
30.07.2019 09:53 Uhr
Dass Merkels Abwürgen des politischen Diskurses die Geburtsstunde der AfD war sehe ich auch so.
Merkel wird insgesamt keine Leuchtfigur in den Geschichtsbüchern werden. Im Gegenteil.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 30.07.2019 09:55 Uhr. Frühere Versionen ansehen
30.07.2019 10:13 Uhr
Ich denke, wenn sich in der AfD die NPD- und SRP-ähnlichen Flügel durchsetzen wird die AfD ein ähnliches Schicksal nehmen und auch ein kurzzeitiges Phänomen bleiben.

Sollte sich die AfD jedoch als rechts-konservativ bis nationalliberale Partei etablieren, dann hinkt der Vergleich mit NPD und SRP.
30.07.2019 10:19 Uhr
Zitat:
Sollte sich die AfD jedoch als rechts-konservativ bis nationalliberale Partei etablieren, dann hinkt der Vergleich mit NPD und SRP.


In diesem Fall würde er in Zukunft irgendwann hinken. Im Moment sieht es nicht danach aus.
30.07.2019 10:19 Uhr
Zitat:
Sollte sich die AfD jedoch als rechts-konservativ bis nationalliberale Partei etablieren, dann hinkt der Vergleich mit NPD und SRP.


Ja.
Die Tendenz geht aber genau da hin, wenn man die Ereignisse der letzten Zeit so betrachtet ...
30.07.2019 10:40 Uhr
Ich sehe nicht den einen, alleinverantwortlichen Aspekt dafür, dass die politische Landschaft sich derzeit so krass verändert. Nicht alle Veränderungen wären auch schlecht - wir kennen in Deutschland seit 1949 eher bipolare, deutliche Mehrheitsverhältnisse, was für eine parlamentarische Demokratie von unserem Schlage ohnehin recht unüblich ist, da schaue man nur auf die Wahlergebnisse anderer europäischer Staaten. Wenn wir nun also mehrere gleichrangige Parteien im Parlament haben, ist das eher etwas übliches, wenn für uns auch ungewohnt, aber noch keine Schwächung der Demokratie.

Explizit problematisch ist aus meiner Sicht - das spricht Sommer so ja auch an - aber das Erstarken des rechtsextremen Randes in einem Maße, dass wir seit 1949 so noch nicht gesehen haben; man weiß eigentlich gar nicht mehr, ob man von einem Rand sprechen kann. Aus meiner Sicht gibt es da aber vielschichtige Gründe.

Zum einen spielt rechtspopulistischen, -radikalen und -extremen Parteien ein rascher gesellschaftlicher Wandel in die Hand. Ich bin noch keine dreißig Jahre alt, habe also die vielbesungenen alten Zeiten gar nicht miterlebt, merke aber zugleich auch, dass dieser Wandel sogar für mich schon recht schnell ist. Da geht es um allerlei Fragen, die teilweise unbeantwortet im Raum stehen: Die Arbeitswelt ist so im Wandel begriffen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mehr mal erahnen können, wie ihr Arbeitsleben in zehn Jahren aussieht; dass die klimatischen Bedingungen immer deutlicher ändern, bleibt nicht unbemerkt; bei vielen Menschen steigt die Unzufriedenheit angesichts der Tatsache, dass sie ihre Aufstiegschancen schwinden sehen; Wachstum gerät an seine Grenzen; lange zementierte gesellschaftliche Normen unterhalb gesetzlicher Vorschriften zerbröseln; die Macht großer Konzerne nimmt gegenüber Staaten immer weiter zu; ganz allgemein haben gesellschaftliche Trends heute eine so kurze Halbwertszeit, dass morgen schon "out" ist, was heute Abend noch "in" war. Das führt bei sehr vielen Menschen - sicher auch bei vielen von denen, die es nicht zugeben - zu enormer Verunsicherung. Parteien wie die AfD antworten darauf mit sehr einfachen, eindringlichen Botschaften und stellen einen Werteerhalt in den Mittelpunkt, wobei aus meiner Sicht nur sehr selten auch realisierbare Lösungsansätze aufgezeigt werden. Sie übernehmen damit ein Stück weit die Funktion, die CDU und SPD in der sg. Bonner Republik übernommen haben: Auch in Zeiten der Unsicherheit Sicherheit zu vermitteln ("Keine Experimente!"). Es ist zudem aus meiner Sicht leider auch so, dass die allermeisten großen politischen Parteien in Deutschland die Radikalität der Umwälzungen nicht erkennen und nicht mit den entsprechend großen Lösungsansätzen antworten. Bisher haben sich die Veränderungen immer so sehr im Rahmen gehalten, dass man die relativ stabile Bundesrepublik mit nur partiellen Anpassungen ganz gut durch die Welt steuern konnte. In der Retrospektive habe ich heute manchmal den Eindruck, dass mit dem Ende des Kalten Krieges eine große Zahl von Menschen dachte, Frieden und Wohlstand seien jetzt final gesichert - und dann diese Umwälzungen.

Und dann gibt es zweitens aus meiner Sicht noch ein erhebliches Kommunikationsproblem in unserer Gesellschaft. Das meine ich bezüglich der Kommunikation zwischen politischen Parteien und potenzieller Wählerschaft, das meine ich aber auch bezüglich der Kommunikation einzelner gesellschaftlicher Schichten untereinander. Politische Parteien haben es zu großen Teilen verlernt, vernünftig in die Gesellschaft hineinzukommunizieren, sie stehen etwas entrückt an der Seitenlinie und erreichen niemanden mehr. Alleine der immer und ständig wiederholte Satz "Wir müssen die Wählerinnen und Wähler erreichen, überzeugen etc." zeigt schon, dass viele da ein Selbstverständnis entwickelt haben, außerhalb der Gruppe der Wählenden zu stehen. Politische Prozesse sind nicht immer einfach zu durchschauen, manche Entwicklungen sind Machtkämpfen und taktischen Spielen geschuldet - das wissen die meisten Menschen aber oder wenigstens erahnen sie es; genau so weiß jeder, dass in einer großen Partei häufig auch Streit um inhaltliche Fragen bestehen kann. All das wird aber wegmoderiert oder mit Formelkompromissen überkleistert, obwohl es dauerhaft wohl besser ankäme, wenn man diese Streitigkeiten offen führte und eine große Zahl von Menschen daran beteiligt. Für mich gehört das zu der Kritik an der "Methode Merkel", die hier in den vorherigen Beiträgen mitgeschwungen ist. Die Kommunikation der Gesellschaftsschichten funktioniert untereinander aber ebenso häufig nicht mehr, weil das Zurückziehen auf immer stärker zerfaserte Identitäten zunimmt, man immer stärker "unter sich" bleibt und mit dieser Identität andere Identitäten auch zunehmend ablehnt. Das ist aus meiner Sicht auch überhaupt gar kein abstraktes Problem, sondern eines, dass man ganz konkret beschreiben kann. Nur als Beispiel: Vor einigen Jahren habe ich mal recht intensiv die App "Tinder" genutzt, um Frauen kennen zu lernen - ein schönes Spiel, aber kennengelernt habe ich vorwiegend Studentinnen und Akademikerinnen; man bleibt also etwa in Bezug auf seine Ausbildung immer häufiger unter sich, weil man sich ansonsten nichts zu sagen hat, oder besser: sich nicht die Mühe macht, etwas zu finden, um sich etwas sagen zu können. Das ist für mich ein Symptom der ganzen Problematik; abstrakt gesprochen schlägt es sich darin nieder, dass m.W. Eheschließungen statistisch immer häufiger nur noch in einer Ausbildungsschicht stattfinden, also das klassische Bild "Ärztin - Krankenpfleger" oder umgekehrt immer seltener wird. Auch hier geht viel im Diskurs verloren, auch wenn das nur ein Beispiel ist.

All diese Entwicklungen sind für Rechtspopulisten- und Extremisten äußerst nützlich. Sie verstehen es hervorragend, Unsicherheiten für sich zu verwenden und an Stellen, an denen Menschen selbst nicht mehr miteinander kommunizieren, als Dritte ihre eigene Leitung anzulegen - allerdings nur sehr selten verbindend, sondern häufig trennend. Irgendwann gibt es auch hier einen "Kippeffekt" - wenn die Entwicklung sich so verselbstständigt, dass man als Gesellschaft da nicht mehr rauskommt.

Jetzt habe ich mir mal was von der Seele geschrieben...


Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 30.07.2019 10:48 Uhr. Frühere Versionen ansehen
30.07.2019 10:58 Uhr
Zitat:
Jetzt habe ich mir mal was von der Seele geschrieben...


Ich habs auch ganz gelesen und stimme in einigen Teilen zu.

Dem Ansatz, dass unsere Gesellschaft die Kommunikation verlernt teile ich vollständig. Ich ergänze dazu noch, dass die Institutionen, die einer Gesellschaft Normen geben, eindeutig schwächeln.

Die (neuen) Normen der Gesellschaft werden von Influencern an Follower gesetzt und ändern sich bei Bedarf schneller, als man lesen kann.

Merkels Beständigkeit, die Ausdruck im "alternativlos" findet, ist der Stil der abgelösten Politikergeneration. Der neue Stil ist die AfD-Kommunikation (technisch, nicht inhaltlich).
Und das Problem der CDU ist, dass AKK leider in der alten Tradition lebt.

Sobald die Dinosaurier-Parteien verstehen, dass sie sich wandeln müssen, haben sie eine Chance. Ansonsten sterben sie aus.
30.07.2019 11:07 Uhr
meiner meinung nach ist die afd die dinosaurier-partei. sie bedient sich dem uralten propagandatrick der politischen rechten schlechthin: der fremde ist an allem schuld. je mehr die afd inhaltlich liefern würde, desto mehr würde sie ihren revolutionären lack verlieren. hinter der fassade der ossi-versteher steckt nämlich eine mekrwürdige mischung aus kaptalismusgläubigen nationalisten, die auf die fragen unserer zeit keine einzige antwort bieten.
30.07.2019 11:09 Uhr
@ABC123

Der Inhalt mag rückwärts gewandt sein, aber die mediale Verbreitung unter Nutzung der neuen technischen Möglichkeiten machen sie am besten.
30.07.2019 11:25 Uhr
afd/npd und wie sich alle schimpfen nutzen exakt die gleichen propagandamittel wie alle anderen parteien. sie hängen nur ihre plakate etwas höher. ansonsten kann ich keine unterschiede erkennen. sie bedienen allerdings exakt die vorurteile, die bei den menschen seit je her verfangen. wir können froh sein, dass sie noch keine begeisternde identifikationsfigur gefunden haben, dann würden sie sogar mehrheiten gewinnen.
30.07.2019 11:43 Uhr
Zitat:
dass sie noch keine begeisternde identifikationsfigur gefunden haben


Werden sie hoffentlich auch nicht. Ich bin immer noch der Meinung, dass radikale und inhumane Politik auch hässlich und abstoßend macht. Insofern werden sie zumindest aus ästhetischer Sicht keinen Adonis oder eine Venus als Vorzeige-Ikone gewinnen.
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