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Fragenübersicht Wie viel Staat muss her, wie viel Staat darf sein oder auch wie wenig Staat darf es sein?
1 - 17 / 17 Meinungen
03.08.2023 12:51 Uhr
Klassisches ordoliberales Modell:

Zitat:
So viel Staat wie nötig, so wenig Staat wie sinnvollerweise, mit Blick auf das Allgemeinwohl, möglich.
03.08.2023 12:58 Uhr
Klassisches sozialistisches Modell:

Zitat:
Was der Staat irgendwie regeln kann, soll der Staat auch umfassend regeln. Dazu braucht es natürlich viele Aufseher, tut uns leid.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 03.08.2023 13:04 Uhr. Frühere Versionen ansehen
03.08.2023 12:59 Uhr
Klassisches kapitalistisches Modell:

Zitat:
Was der Staat zugunsten des Unternehmers regeln kann, soll der Staat zugunsten des Unternehmers regeln.
03.08.2023 13:00 Uhr
Klassisches stalinistisches Modell:

Zitat:
Wen der Staat ohne große Nachteile erschiessen kann, den soll der Staat auch erschiessen.
03.08.2023 13:02 Uhr
Klassisches sozial-liberales Modell:

Zitat:
Laßt mich in Ruhe mit fachlichen Fragen, ist mir alles zu anstrengend. Aber ich möchte, dass es allen gut geht.
03.08.2023 13:03 Uhr
Zunächst sollte man sich mal anschauen, wann und warum der Staat überhaupt entstanden ist. Im allergrößten Teil der Menschheitsgeschichte gab es den ja gar nicht. Als nicht mehr von der Hand in den Mund gelebt wurde sondern ein gesellschaftliches Mehrprodukt erwirtschaftet wurde, ist das Konzept des Eigentums entstanden. Denn es gab Leute, die dieses gesellschaftliche Mehrprodukt in die eigene Tasche stecken wollten. Priester, Verwalter usw. Das wollte sich die Mehrheit natürlich nicht gefallen lassen. Also was tun? Die Besitzenden haben ein paar Hungerleidern einen Knüppel in die Hand gedrückt, damit sie andere Hungerleider daran hindern, sich am privatisierten Eigentum zu vergreifen.

Daraus ergibt sich auch, wozu der Staat da ist: Dafür zu sorgen, dass Oben oben bleibt und Unten unten. Das ist seine primäre Aufgabe. Wie ein bekannter russischer Revolutionär mal formulierte: Der Staat ist eine Gruppe bewaffneter Menschen.

Später, mit der weiteren Ausdifferenzierung der Gesellschaft, kam eine weitere Aufgabe dazu: Dafür zu sorgen, dass die widersprüchlichen Interessen unter den "Oberen" in relativ geordneten Bahnen ablaufen und nicht dadurch die Klassenherrschaft insgesamt gefährdet wird. Die Interessen der Besitzenden müssen irgendwie ausgeglichen werden. Das ist Aufgabe des Staats. Deshalb die weitere Bestimmung, bezogen auf die heutige Wirtschaftsform: Der Staat ist der ideelle Gesamtkapitalist. Genau der Interessensausgleich unter den Besitzenden ist damit gemeint.

Neben diesen Kernaufgaben gibt es noch einiges an PR, um die Unteren bei Laune zu halten. Wieviel davon die Herrschenden sich leisten wollen, ist Verhandlungssache.
03.08.2023 13:03 Uhr
Klassisches Dol2Day-Modell:

Zitat:
Wenn einer wie @ Francois heimlich online ist, lehnt er alles ab und glaubt, man erwischt ihn nicht.
03.08.2023 13:27 Uhr
Zitat:
Klassisches sozialistisches Modell:

Zitat:
Was der Staat irgendwie regeln kann, soll der Staat auch umfassend regeln. Dazu braucht es natürlich viele Aufseher, tut uns leid.


Etwas komplizierter ist es schon. Du beschreibst leider auch hier den Stalinismus, den du ja auch nochmal in einem anderen Post erwähnst. Zum sozialistischen Staat aus "Staat und Revolution" von Lenin:

Zitat:
Beim Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus ist die Unterdrückung noch notwendig, aber es ist das bereits eine Unterdrückung der Minderheit der Ausbeuter durch die Mehrheit der Ausgebeuteten. Ein besonderer Apparat, eine besondere Maschine zur Unterdrückung, ein „Staat“ ist noch notwendig, aber es ist das bereits ein Übergangsstaat, kein Staat im eigentlichen Sinne mehr, denn die Niederhaltung der Minderheit der Ausbeuter durch die Mehrheit der Lohnsklaven von gestern ist eine so verhältnismäßig leichte, einfache und natürliche Sache, daß sie viel weniger Blut kosten wird als die Unterdrückung von Aufständen der Sklaven, Leibeigenen und Lohnarbeiter, daß sie der Menschheit weit billiger zu stehen kommen wird. Und sie ist vereinbar mit der Ausdehnung der Demokratie auf eine so überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, daß die Notwendigkeit einer besonderen Maschine zur Unterdrückung zu schwinden beginnt. Die Ausbeuter sind natürlich nicht imstande, das Volk niederzuhalten ohne eine sehr komplizierte Maschine zur Erfüllung dieser Aufgabe, das Volk aber vermag die Ausbeuter mit einer sehr einfachen „Maschine“, ja nahezu ohne „Maschine“, ohne einen besonderen Apparat niederzuhalten, durch die einfache Organisation der bewaffneten Massen (in der Art der Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten, sei vorgreifend bemerkt).

Schließlich macht allein der Kommunismus den Staat völlig überflüssig, denn es ist niemand niederzuhalten, „niemand“ im Sinne einer Klasse, im Sinne des systematischen Kampfes gegen einen bestimmten Teil der Bevölkerung. Wir sind keine Utopisten und leugnen durchaus nicht die Möglichkeit und Unvermeidlichkeit von Ausschreitungen einzelner Personen und ebensowenig die Notwendigkeit, solche Ausschreitungen zu unterdrücken. Aber erstens bedarf es dazu keiner besonderen Maschine, keines besonderen Unterdrückungsapparates; das wird das bewaffnete Volk selbst mit der gleichen Selbstverständlichkeit und Leichtigkeit bewerkstelligen, mit der eine beliebige Gruppe zivilisierter Menschen sogar in der heutigen Gesellschaft Raufende auseinander bringt oder eine Frau vor Gewalt schützt. Zweitens wissen wir, daß die soziale Grundursache der Ausschreitungen, die eine Verletzung der Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens bedeuten, in der Ausbeutung der Massen, ihrer Not und ihrem Elend zu suchen ist. Mit der Beseitigung dieser Hauptursache werden die Ausschreitungen unvermeidlich „abzusterben“ beginnen. Wir wissen nicht, wie rasch und in welcher Folge das geschehen wird, aber wir wissen, daß sie absterben werden. Mit dem Absterben der Ausschreitungen wird auch der Staat absterben.


Das war natürlich nicht das, was im "Realsozialismus" passiert ist. Nicht nur in der Periode des Hardcore-Stalinismus sondern auch danach im Neostalinismus. Zum ersten Mal ist mir das an der Losung "Stärkung der Arbeiter- und Bauernmacht" in der DDR aufgefallen. Leninistisch wäre das genaue Gegenteil gewesen: Schwächung der Arbeiter- und Bauernmacht. Absterben der Arbeiter- und Bauernmacht. Diese Diskrepanz fiel mir schon als treues SED-Mitglied auf.

Stalin hat sich da einen Dreh ausgedacht, indem er ein neues "Gesetz" des sozialistischen Aufbaus erfunden hat: Der Klassenkampf spitzt sich beim Aufbau des Sozialismus zu. Da hat der "Klassiker" Lenin "weiterentwickelt". In der DDR hat zwar schon Ulbricht gesagt: Stalin ist kein Klassiker mehr. Aber die stalinistischen Versatzstücke im Denken wurden nie überwunden.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 03.08.2023 13:30 Uhr. Frühere Versionen ansehen
03.08.2023 13:32 Uhr
Ich halte es da mit der FDP: Staat bitte nur dort, wo er mir nutzt.
03.08.2023 13:34 Uhr
Zitat:
Das war natürlich nicht das, was im "Realsozialismus" passiert ist. Nicht nur in der Periode des Hardcore-Stalinismus sondern auch danach im Neostalinismus. Zum ersten Mal ist mir das an der Losung "Stärkung der Arbeiter- und Bauernmacht" in der DDR aufgefallen. Leninistisch wäre das genaue Gegenteil gewesen: Schwächung der Arbeiter- und Bauernmacht. Absterben der Arbeiter- und Bauernmacht. Diese Diskrepanz fiel mir schon als treues SED-Mitglied auf.


Danke! Interessanter Punkt. Lenin war ja eben auch der Ansicht, dass Arbeiter und Bauer an sich kein revolutionäres Subjekt sein könnten ohne die Unterordnung, Führung und Anleitung durch den Funktionär... Das ist mir als Wessi als Erstes in der Diskussion mit "meinen" knuffigen Westkommunisten aufgefallen. Auf Nachfrage waren sie ebenfalls kritisch gegenüber diesen leninistischen Ansätzen, sahen aber die Ursprünge bei Marx nicht so negativ wie ich.
03.08.2023 13:35 Uhr
Zitat:
Ich halte es da mit der FDP: Staat bitte nur dort, wo er mir nutzt.


Hmpf ja, wir haben laut Grundgesetz durchaus eine gewisse Allgemeinwohlorientierung.
03.08.2023 13:47 Uhr
Zitat:
Lenin war ja eben auch der Ansicht, dass Arbeiter und Bauer an sich kein revolutionäres Subjekt sein könnten ohne die Unterordnung, Führung und Anleitung durch den Funktionär...


Eigentlich im Gegenteil, was besonders in den Schriften deutlich wird, die als "Lenins Testament" bekannt sind. In einer davon, dem "Brief an den Parteitag", schreibt er folgendes:

Zitat:
Was den ersten Punkt betrifft, d. h. die Erhöhung der Zahl der Mitglieder des ZK, so glaube ich, daß das nötig ist, sowohl um die Autorität des ZK zu heben als auch um ernsthaft an der Verbesserung unseres Apparats zu arbeiten und um zu verhindern, daß Konflikte kleiner Teile des ZK eine übermäßig große Bedeutung für das ganze Schicksal der Partei erlangen könnten.

Ich glaube, daß unsere Partei das Recht hat, von der Arbeiterklasse 50–100 Mitglieder des ZK zu verlangen, und daß sie diese von ihr ohne übermäßige Anspannung ihrer Kräfte erhalten kann.


Und in der "Fortsetzung der Aufzeichnungen":

Zitat:
Ich stelle mir die Sache so vor, daß einige Dutzend Arbeiter, die Mitglieder des ZK werden, sich besser als irgend jemand sonst damit befassen können, unseren Apparat zu überprüfen, zu verbessern und neuzugestalten. Die Arbeiter- und Bauerninspektion, die diese Funktion zunächst innehatte, erwies sich als außerstande, ihr gerecht zu werden, und kann lediglich als „Anhängsel“ oder unter bestimmten Voraussetzungen als Helferin dieser Mitglieder des ZK Verwendung finden. Die Arbeiter, die ins ZK aufzunehmen sind, dürfen meiner Meinung nach vorwiegend nicht unter jenen Arbeitern ausgewählt werden, die einen langen Sowjetdienst durchgemacht haben (in diesem Teil meines Briefes zähle ich zu den Arbeitern überall auch die Bauern), weil sich bei diesen Arbeitern schon bestimmte Traditionen und bestimmte Vorurteile herausgebildet haben, die wir gerade bekämpfen wollen.

Arbeitermitglieder des ZK sollen vorwiegend Arbeiter sein, die unter jener Schicht stehen, welche bei uns in den fünf Jahren in die Reihen der Sowjetangestellten aufgerückt ist, und mehr zu den einfachen Arbeitern und zu den Bauern gehören, die jedoch nicht direkt oder indirekt unter die Kategorie der Ausbeuter fallen. Ich glaube, daß solche Arbeiter, die in allen Sitzungen des ZK, in allen Sitzungen des Politbüros anwesend sind und alle Dokumente des ZK lesen, einen Stamm ergebener Anhänger der Sowjetordnung bilden können, die erstens fähig sind, dem ZK selbst Stabilität zu verleihen, und die zweitens imstande sind, wirklich an der Erneuerung und Verbesserung des Apparats zu arbeiten.


Daraus schließe ich, dass er der Meinung war, die Funktionäre müssen selbst von der Arbeiterklasse erzogen werden. Und ich stimme ihm zu.
03.08.2023 13:52 Uhr
Sehr gut! Allerdings scheint Lenin gegen Ende seines Lebens inhaltlich etwas umgeschwenkt zu haben. Vielleicht, weil er unter dem Eindruck der eigenmächtigen Verbrechen Stalins den, zweifellos sehr realistischen Eindruck, hatte, dass ihm die Kontrolle aus der Hand gleiten würde?
03.08.2023 14:20 Uhr
Zitat:
Ich halte es da mit der FDP: Staat bitte nur dort, wo er mir nutzt.



Genau, immer erst mal den eigenen Arsch an die Wand kriegen.

Als ich jung und voller Ideale war habe ich das verachtet. Ich bin aber nicht mehr jung und voller Ideale.
03.08.2023 15:31 Uhr
Der Spruch mit "so viel wie nötig, so wenig wie möglich" trifft es ganz gut.

Es geht mir auch weniger darum, wie viel eigene Gestaltungsaktivität der Staat entfaltet, das kann natürlich auch notwendig und konstruktiv sein (z.B. sozialer Wohnungsbau), sondern zuallererst darum, dass der Staat sich nicht in meine persönlichen Entscheidungen als Privatperson (etwa beim Konsum) einmischen darf. Und da ist, vor allem unter dem Deckmantel Klimaschutz, leider viel in den letzten Jahren zum Negativen passiert.
03.08.2023 16:42 Uhr
Ph1L hat sehr gut dargestellt, was auch mir wichtig ist: der Staat hat sich vor allem aus dem Privaten herauszuhalten. Inzwischen erkennen zum Beispiel auch viele Konservative, dass ein übermächtiger Staat in dieser Hinsicht sehr unangenehm ist (viele 'Linke' müssen diese Lektion hingegen erst wieder lernen, scheint es).

Der Staat hat hingegen durchaus Aufgaben im Bereich Infrastruktur, Sicherheit und durchaus auch im sozialen Bereich.
03.08.2023 17:01 Uhr
Ich schließe mich Ph1L und Ambion an.

In Deutschland ist der Staat massiv aufgebläht und mischt sich leider auch immer stärker in das Privatleben und die privaten Entscheidungen der Bürger ein. Weniger autoritäres Gehabe wäre daher aus meiner Sicht wünschenswert.
Doof ist nur, dass viele Bürger sich ganz offensichtlich einen aufgeblähten Staat wünschen, der sich überall einmischt und möglichst auch noch das Denken für sie übernimmt.
  GRUENE   IDL   SII, KSP   FPi
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