Chat-Transkript vom 10.05.2010

Helmut Rau, Minister im Staatsministerium Baden-Württemberg (CDU)

Thema: offen

: Moderator hat den Raum betreten
Moderator: Test
: Helmut_Rau hat den Raum betreten
Moderator: Wir haben noch ein bisschen Zeit. Um ca. 18:00 Uhr beginnt der Chat. Ich werde mit einer kurzen Vorstellung beginnen. Danach beginnt dann die Fragerunde.
Moderator: So - wir sind jetzt sichtbar und werden in Kürze mit dem Chat beginnen.
Moderator: Bitte noch um einen Moment Geduld an die Community. Herr Minister Rau wird uns gleich für die Fragen zur Verfügung stehen. Danke :)
Moderator: Hallo und Herzlich Willkommen bei dol2day. Mein Name ist Fred Härtelt. Ich bin Redakteur und Altkanzler bei dol2day und werde den Chat heute moderieren. Herzlichen Dank, dass Sie die Einladung angenommen haben mit uns zu diskutieren :)
Moderator: Zu Gast ist heute Herr Helmut Rau (CDU). Herr Rau ist Minister im Staatsministerium Baden-Württemberg und war vorher Minister für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg. Das Thema des Chats haben wir bewusst offen gelassen um ein breites Spektrum an Fragen zuzulassen. Möchten Sie von Ihrer Seite noch etwas anfügen?
Helmut_Rau: Ich wünsche uns einen angeregten Meinungsaustausch und freue mich auf die Fragen.
Moderator: Dann beginnen wir mit der ersten Frage. Da wir ja gestern eine wichtige Wahlentscheidung auch bezüglich des Bundesrates hatten: wie bewerten Sie denn den Wahlausgang ihrer Partei in NRW?
Helmut_Rau: Das war eine herbe Niederlage. Die CDU muss sich darauf besinnen, Alternativen deutlich zu machen und Wahlkämpfe entsprechend zu führen.
Moderator: Wird das Wahlergebnis in NRW auch eine Auswirkung auf die Arbeit der schwarz-gelben Koalition in Baden-Württemberg haben?
Helmut_Rau: Wir werden vielleicht noch besser darauf achten, dass man uns als handlungs- und entschlussfreudige Landesregierung wahrnimmt. Die Koalition weiß um ihre Verantwortung und wird sich keine unnötigen Geplänkel leisten.
Moderator: Beginnen wir mit den Fragen aus der Community.
Moderator: Frage von frankg an Helmut Rau:    "Sehr geehrter Herr Rau, es gibt immer mehr CDU-Mitglieder, die den allgemeinen Linkstrend der CDU nicht mehr mittragen möchten, vgl. die erfolgreiche Initiative linkstrend-stoppen.de. Können Sie diese Basisbewegung nachvollziehen?"
Helmut_Rau: Die CDU sollte sich nicht um angebliche linksdrehende und rechtsdrehende Trends kümmern. Es gibt wichtige Themen, die unsere ganze Kraft und Erfahrung fordern. Die Sorgen der Menschen müssen dabei berücksichtigt werden.
Moderator: Frage von Pivi an Helmut Rau:    "Guten Abend Herr Rau, ich hoffe Sie sind nicht böse wenn ich aus aktuellem Anlass eine Frage zu NRW stelle. Die CDU hat 6200 Stimmen mehr als die SPD leitet sich hieraus zwingend einRegierungsauftrag ab?"
Helmut_Rau: Nein. Im Landtag müssen Mehrheiten gesucht werden. Das kann auch zu einem Regierungsauftrag für die CDU führen. Ein Anspruch dazu besteht aber nicht.
Moderator: Frage von HerbertP an Helmut Rau:    "Meiner Meinung nach ist das Gleichgewicht der Länder-CDU gegenüber der Bundes-CDU zugunsten Merkel/Bund gekippt. Müssen die Länderchefs nicht gerade jetzt wieder stärker polarisieren gegen den Bundeskurs der Partei?"
Helmut_Rau: Sie müssen ihre Interessen vertreten und Position beziehen, auch bei bundespolitischen Themen. Eine Polarisierung gegeneinander hilft dabei nicht weiter.
Moderator: Frage von Scheel an Helmut Rau:    "Was ist eigentlich die Aufgabe eines Ministers im Staatsministerium? Entspricht es den Staatskanzleichefs in anderen Ländern?"
Helmut_Rau: Ein Minister im Staatsministerium ist für die Koordination innerhalb der Regierung zuständig. Er kümmert sich um Strategien und Politikabläufe. Hier in Baden-Württemberg ist er außerdem direkt zuständig für die Medien- und Filmpolitik.
Moderator: Frage von winkelmaß an Helmut Rau:    "Guten Tag, ich hätte auch noch eine Frage zu NRW, zumal ich gestern dort (wenn auch weitgehend erfolglos) mitgewählt habe. Wäre es nicht letztlich vernünftig bzw. ein Anzeichen für Gelassenheit, wenn Konservative und Liberale endlich von dem Schreckgespenst rot-rot-grün abrücken und entsprechenden Mehrheiten die Möglichkeit geben, sich auch als Koalition in Verantwortung zu stellen, zumal dann, wenn sich ein so eindeutig linkes Wählervotum ergibt. (Das frage ich als Liberaler.) "
Helmut_Rau: In einer rot-rot-grünen Regierung finden sich immer Radikale, Leute, die eine freiheitliche Demokratie durch eine sozialistische Gesellschaftsordnung ablösen wollen. Dafür müssen die die Verantwortung übernehmen, die mit einer solchen Mehrheit regieren wollen. Also, für vernünftig hielte ich es nicht, wenn wir das auch noch "gelassen" hinnehmen würden.
Moderator: Frage von frankg an Helmut Rau:    "Interessant! Also steht die CDU nicht mehr für konservative Werte?"
Helmut_Rau: Die CDU steht für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Diese Werte können sehr wohl mit konservativen, mit fortschrittlichen und mit sozialen Inhalten gefüllt werden. Das alles ist Teil der CDU.
Moderator: Frage von HerbertP an Helmut Rau:    "Rechnen Sie im Falle einer rot-rot-grünen NRW-Regierung mit einer "Blockadehaltung a la Lafontaine" im Bundesrat?"
Helmut_Rau: Das ist zu befürchten. Wir sind es gewohnt, auch mit destruktiven Kräften umgehen zu müssen. NRW hat es eigentlich nicht verdient, dass diese Leute dort auch noch in die Regierung einziehen.
Moderator: Frage von Pivi an Helmut Rau:    "Sehr geehrter Herr Rau, in meinen Umfeld wird oft darüber diskutiert das die CDU ihr konservatives Gesicht verliert, ich halte immer dagegen eintreten in die CDU und selber mitmachen, aber wie empfinden sie den Vorwurf die CDU würde die Konservativen nicht genügend bedienen?"
Helmut_Rau: Ich glaube nicht, dass das die Diskussion ist, auf die die CDU ihre Kräfte konzentrieren muss. Wir sind eine Volkspartei, die in der Lage sein muss, Interessen aus der ganzen Bevölkerung zu bündeln und politische Konzepte zu realisieren, die nicht kleinen Interessengruppen dienen.
Moderator: Frage von Arioch: "Welche Meinung hat die Regierung BW zu den mittlerweile ad acta gelegten Steuersenkungsplänen der FDP bzw. hat die Landesregierung an deren Erledigung mitgewirkt?"
Helmut_Rau: Die Debatte darüber wird vor dem Hintergrund der jüngsten Beschlüsse in Brüssel zu führen sein. Die Landesregierung ist nicht am Zug. Das ist Sache des Bundes, aber es gibt sicher Wichtigeres als Steuern zu senken.
Moderator: Frage von Phönix: "In Baden-Württemberg wird immer mal wieder der Gedanke einer Koalition zwischen Christdemokraten und Grünen in den Raum geworfen. Ist das für sie eine realistische Alternative?"
Helmut_Rau: Das kommt auf die Konstellation nach Wahlen an. Bei Mehrheitsverhältnissen, wie wir sie im Landtag haben, brauchen wir mit der Option schwarz-grün nicht zu spielen. Es gibt Schnittmengen, aber auch große Widersprüchlichkeiten. Deswegen braucht es schon den Druck von entsprechenden Mehrheitsverhältnissen, wenn eine solche Koalition begründet werden soll.
Moderator: Frage von Isha: "Gibt es Unterschiede zwischen der politischen Agenda von Ministerpräsident Mappus und der seines Vorgängers Öttinger? Gibt es Unterschiede im Politikstil?"
Helmut_Rau: Jeder hat seinen eigenen Stil. Ministerpräsident Mappus ist zupackend, entscheidungsfreudig und kommunikativ. Das ist eine gute Voraussetzung dafür, die politische Agenda unserer Landesregierung auch umzusetzen. Diese gründet auf der Koalitionsvereinbarung, die 2006 abgeschlossen wurde.
Moderator: Frage von HerbertP an Helmut Rau:    "Sehr geehrter Herr Rau, glauben Sie, dass es angesichts der Finanzkrise jetzt ein weiteres Zusammenrücken der Eurostaaten über Hilfsfonds hinaus zu einer Bundesstaaten oder Staatenbund-Lösung hin bedarf? Ist das Erbe Kohs und Mitterands gefährdet?l"
Helmut_Rau: Eine weitere staatliche Integration ist nicht Voraussetzung für die Bewältigung von Krisen. Vielmehr kommt es darauf an, dass jedes Mitgliedsland der EU sich an die Regeln hält und selbstständig Verantwortung übernimmt.
Moderator: Frage von Pivi an Helmut Rau:    "Sehr geehrter Herr Rau, als Rau ist Präsident der Bundes Deutscher Blasmusikverbände, sind sie doch sicherlich auch mit den Kürzungen von Mittel betroffen, wird es ihrer Meinung nach in Kürze auch Kürzungen für die Jugendarbeit geben, wie zum Beispiel die Landesmusikjugend?"
Helmut_Rau: Die Unterstützung der ehrenamtlichen Arbeit hat in Baden-Württemberg einen hohen Stellenwert. Deswegen sind so viele Jugendliche in der Musik und im Sport engagiert. Das wollen wir auch in Zukunft garantieren. Wir arbeiten gerade an einem Nachtragshaushalt. Dort sind keine Kürzungen für die Jugendarbeit vorgesehen.
Moderator: Frage von Angelique an Helmut Rau: "Herr Rau, sie sagen, NRW hätte eine rot-grüne Regierung mit Duldung der Linken nicht verdient. Der Wähler hat anders gewählt. Sprechen sie dem Wähler die geistige Reife ihrer Wahlentscheidung ab?"
Helmut_Rau: Nein, überhaupt nicht. Aber der Wähler wählt eine Partei und keine Koalition von zwei Parteien, die von einer dritten geduldet wird. Also muss jede Regierungsbildung auch kommentiert werden können. Das hat nichts mit einer Missachtung der Wähler zu tun.
Moderator: Frage von Ticho: "Stuttgart 21 bewegt nicht nur in der Landeshauptstadt die Gemüter. Wird der zugesagte Kostenrahmen für den Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofes eingehalten werden und diesen auch nicht überschreiten?"
Helmut_Rau: Bei der Festlegung des Kostenrahmens müssen wir uns auf die Fachleute verlassen. Ich gehe davon aus, dass das gesamte Projekt seriös gerechnet ist und dass damit auch die Finanzierung steht. Stuttgart 21 ist ein Projekt, das für die Zukunft des ganzen Landes von großer Bedeutung ist.
Moderator: Frage von Pivi an Helmut Rau: "Sehr geehrter Herr Rau, laut Wikepedia stehen sie für eine Aufweichung der scharfe Trennung zwischen den Zuständigkeiten der Gemeinden und Bundesland. Ist dies korrekt?"
Helmut_Rau: Da muss ich doch bei Wikipedia reinschauen. Ich stehe für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Ländern, bei der jeder seine eigene Verantwortung kennt und ausfüllt. Aber es gibt viele Berührungspunkte in der Bildung, bei den sozialen Aufgaben, bei der Entwicklung von neuen Verkehrs- und Energiekonzepten.
Moderator: Frage von Phönix: "Bei welchen Themen sehen Sie persönlich Schnittmengen zwischen Christdemokraten und Grünen insbesondere bezogen auf Baden-Württemberg?"
Helmut_Rau: In der Finanzpolitik, in der Umweltpolitik, bei der Schaffung von Arbeitsplätzen in modernen industriellen Bereichen mit der Umwelttechnologie und der Elektromobilität.
Moderator: Frage von HerbertP an Helmut Rau:    "Wie halten Sie es persönlich mit dem "C" im Parteinamen der CDU und wie sehen Sie die Bedeutung dieses Bestandteils des Parteinamens in der aktuellen Zeit?"
Helmut_Rau: Ich selbst bin gläubiger Christ und glaube, dass die grundsätzliche Orientierung von Christen geeignet ist, in unserem Gemeinwesen dafür zu sorgen, dass Freiheit erhalten und Gemeinsinn als treibende Kraft entstehen kann.
Moderator: Frage von Isha: "Was sind denn die wichtigsten Themen, die die Regierung in Baden-Württemberg in diesem Jahr voranbringen will?"
Helmut_Rau: Die Umsetzung der UN-Konvention zu den Rechten behinderter Kinder im Bildungswesen, die Stärkung von Umwelttechnologien in Forschung und Produktion, die Dienstrechtsreform für den öffentlichen Dienst, eine Haushaltspolitik, die uns in wenigen Jahren wieder ohne Schulden auskommen lässt. Wer sich ausführlich interessiert, findet eine aktuelle Regierungserklärung von Ministerpräsident Mappus auf dem Landesportal www.baden-wuerttemberg.de .
Moderator: Frage von winkelmass: "Ich komme noch einmal auf meine Frage von eben zurück. In Frankreich waren die Kommunisten (die französische KP ist m.E. sogar noch linker als die deutsche Partei "Die Linke") sogar schon mal an der Staatsregierung beteiligt, ohne dass das Land davon nun untergegangen wäre. Ist das nicht letztlich doch der dritte Aufguss der Roten-Socken-Kampagne, der auch als solcher vom Wähler durchschaut wird? "
Helmut_Rau: Schauen Sie sich doch einfach einmal das Leid an, das Kommunisten in Europa zu verantworten hatten. Sie haben vorgegeben, eine menschliche Gesellschaft schaffen zu wollen und haben daraus unmenschliche Diktaturen gemacht. Das ist keine Kampagne, sondern Zeitgeschichte.
Moderator: Kommen wir zur letzten Frage. Die Zeit ist leider schon fast wieder um. Ich bitte um Verständnis, dass wir nicht alle Fragen stellen konnten.
Moderator: Frage von Ticho: "Sie sind vor ca. mehr als zwei Wochen 60. geworden. Welche persönlichen Ziele haben Sie sich noch vorgenommen zu erreichen?"
Helmut_Rau: Ich hoffe, dass ich noch lang aktiv sein darf und mich um Aufgaben kümmern kann, die ich mir für dieses Jahrzehnt aufgehoben habe. Dazu gehört, dass ich Saxophon spielen lernen möchte, aber auch die Aufarbeitung interessanter zeitgeschichtlicher Quellen steht noch irgendwann an. Vor allem möchte ich aber jetzt und in den nächsten Jahren meine Verantwortung für das Land angemessen wahrnehmen. Herzlichen Dank an alle Fragerinnen und Frager und einen schönen Abend.
Moderator: Dann bedanke ich mich ganz herzlich im Namen der gesamten Community für das interessante Gespräch und wünsche noch einen angenehmen Abend. Danke. :)
: Moderator hat den Raum verlassen