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Fragenübersicht Woher kommt dieser wohlwollende Blick zum Tito-Kommunismus?
1 - 12 / 12 Meinungen
20.01.2019 01:33 Uhr
Den einen Grund gibt es wohl nicht.
Von der "Einigung" diverser Volksgruppen bis hin zur verhältnismäßigen Freiheit der Jugoslawen.
Dazu noch daß es in diversen "westlich" zugerechneten Ländern wirtschaftlich nicht besser, oder sogar schlechter aussah.
20.01.2019 05:49 Uhr
Das Land war einigermaßen eigenständig, nicht so abhängig von Rußland, wie die anderen Ostblock-Länder, galt daher auch bei den Ostblock-Bürgern als "so ein Bißchen" westlich.

Und wirtschaftlich sah es dort auch nicht schlecht aus, wohl auch deswegen weil die Gegend für Touristen sehr attraktiv ist, wunderschöne Landschaften und einiges an Geschichte.
20.01.2019 07:46 Uhr
Zitat:
Das Land war einigermaßen eigenständig, nicht so abhängig von Rußland, wie die anderen Ostblock-Länder, galt daher auch bei den Ostblock-Bürgern als "so ein Bißchen" westlich.

Und wirtschaftlich sah es dort auch nicht schlecht aus, wohl auch deswegen weil die Gegend für Touristen sehr attraktiv ist, wunderschöne Landschaften und einiges an Geschichte.


Da ist was dran. Nicht umsonst wurde Jugoslawien (wie Cuba auch) zum NSW* - Gebiet erklärt, wohin Ottilie Normal-DDR-Bürgerin nicht ohne Weiteres reisen durfte. ...


* NSW = Nicht Sozialistischer Wirtschaftsraum
20.01.2019 08:49 Uhr
In Jugoslawien wurde ein relativ freiheitlicher (Überbau) und selbstverwalteter (Basis) Sozialismus versucht. Wenn mich jetzt nicht alles täuscht, krankte Jugoslawien aber auch an einem Ein-Parteien-System. Das relativiert die Worte freiheitlich und selbstverwaltet natürlich: Relativ zu anderen sozialistischen Ländern freiheitlich.
20.01.2019 08:49 Uhr
Weil es ein Kommunismus war, der trotz des üblichen hohen Blutzolls seiner Bevölkerung, zumindest wirtschaftlich leidlich funktionierte.
Das ist der Strohhalm, an den sich die verzweifelten, letzten Sozialismussupporter klammern. Ansonsten ist da weit und breit kein annähernd überlebensfähiges, reales Experiment, sieht man von Nordkorea ab.

20.01.2019 08:52 Uhr
In Serbien sind uns keine Titoverehrer begegnet. Es gibt Bosnier, die Tito verklären, da er ihnen im Zwangsstaat gleiche Rechte sicherte.
Aber wer auf Rechte innerhalb einer Despotie Wert legt, der hat sowieso ganz andere Probleme.
20.01.2019 08:59 Uhr
Der Hauptpunkt ist wohl, dass Jugoslawien mit der SU über Kreuz lag. Mal mehr, mal weniger. Dieses mal mehr, mal weniger, kam auch in einem Witz zum Ausdruck: Tito besucht ein Dorf in der Sowjetunion. Über der Straße ein Transparent "Es lebe der Genosse Tito und seine faschistische Clique!".

Eine Begebehit stimmt wohl wirklich, der Dolmetscher hat sie in einer Doku erzählt. Als Ulbricht zum Staatsbesuch in Jugoslawien war, hat Tito versehentlich Ostdeutschland statt DDR gesagt. Der Dolmetscher hat DDR übersetzt, weil Ostdeutschland als Beleidigung aufgefasst worden wäre. Tito, der Deutsch konnte, hat sich anschließend überschwänglich beim Dolmetscher bedankt. "Das hast Du gut gemacht! Du weißt doch, dass ich es nicht böse gemeint habe!"

Was allerdings auch nicht vergessen werden sollte. Wegen seiner Distanz zur SU galt auch Ceausescu im Westen zeitweilig als Liberaler. Da brauchte es nicht viel. Und weil ich so ein Elefantengedächtnis habe, bin ich auch immer sehr misstrauisch, was die edlen Motive westlicher Außenpolitik betrifft.

Was Tito-Jugoslawien natürlich auch für Linke interessant gemacht hat, war der Anspruch, wirkliche Arbeiterselbstverwaltung einzuführen. Deshalb wurde auch in der trotzkistischen Bewegung einige Zeit diskutiert, Jugoslawien könnte ein "gesunder Arbeiterstaat" sein. In der BRD gab es auch eine, kurzlebige, gemeinsame Partei von Titoisten und Trotzkisten: die Unabhängige Arbeiterpartei. Sie wurde aber bald außenpolitischen Erwägungen Jugoslawiens geopfert.

Was man Tito wirklich anrechnen muss, war seine Feindschaft gegen den Nationalismus. Nicht nur innerhalb der Völker Jugoslawiens. Schon während des Krieges gab es in seiner Partisanenarmee eine eigene Einheit deutscher antifaschistischer Überläufer. Sie war nach Ernst Thälmann benannt. Die Angehörigen dieser Einheit trugen eine schwarz-rot-goldene Kokarde, um den Menschen zu zeigen, dass es auch antifaschistische Deutsche gibt. Undenkbar in der Sowjetarmee. Das war natürlich auch damit verbunden, dass nach dem Krieg jeder Nationalismus hart verfolgt wurde. So mancher, der heute in den Nachfolgerepubliken als Held gilt, saß deshalb bei Tito im Knast. Berechtigt wie ich finde, wenn man sich anschaut, zu welchem Blutbad der Nationalismus später geführt hat.

Es ist aber auch ein wenig Illusion dabei. Die Arbeiterselbstverwaltung wurde allmählich immer mehr ausgehöhlt. Am Ende bestimmten dann doch wieder die Manager, wo es lang geht. Und der Personenkult um Tito konnte sich mit dem um andere Parteichefs messen. Aber sicher wäre eine Menge möglich gewesen.
20.01.2019 09:06 Uhr
Zitat:
Berechtigt wie ich finde, wenn man sich anschaut, zu welchem Blutbad der Nationalismus später geführt hat.


Tito hat mit seiner Politik keine Probleme gelöst, sondern sie nur mittels Unterdrückung aufgeschoben.
Was sich dann in den 90ern entlud, war die Folge dieser Politik.
20.01.2019 11:54 Uhr
Ich glaube beim Blick auf Tito wird man viel Schatten und viel Licht entdecken.

Schattenseiten sind sicher die Unterdrückungspolitik nationaler Linien. Da wurde nicht zusammengehalten, da wurde unterdrückt. Kroatischer Frühling sie hier ein Beispiel.

Man erzählt sich, dass im muliethnischen Bosnien, auf 3 Kroaten, 3 Serben und dann 3 Muslims angeklagt wurden. Quasi ethnische Gerechtigkeit.

Es gab die Verbrechen aus der Anfangszeit, wo man deutschstämmige Personen vertrieb, kroatische Familien hinter der Grenze erschoss. Die slowenischen Höhlen sind voll mit deutschstämmigen Altösterreichern, Titogegnern, Wehrmachtsangehörigen und Kollaborateuren. Recht und Gerechtigkeit ist das nicht.

Wir haben natürlich auch die KZ-Inseln. Das sollte man alles nicht vergessen.

Tito hat auch nach dem Krieg massiv über die Grenzen Richtung Triest und Österreich geschielt.

Die Reisefreiheit, die Freizügigkeiten für ein kommunistisches Regime, der kleine Wohlstand waren natürlich auch mit Loyalität erkauft.

Du darfst nach Klagenfurt am Samstag einkaufen fahren, dafür spurst aber im Rahmen des Systems.

Man muss wohl bei Tito auch die jeweiligen Zeiträume abgrenzen.

Vor 1948 ist sicher anders zu bewerten als danach.

Andere Ideen als Tito hätte man trotzdem wohl nicht wirklich vertreten dürfen.

Auf jeden Fall offener und auf jeden Fall freier als das was wir sonst unter der Bezeichnung Sozialismus kennen und was zur realpolitischen Umsetzung kam.

20.01.2019 13:05 Uhr
Manches machte er besser als andere, was dann jedoch auch gleich wieder für Personenkult und Verklärung sorgte.

Um die Menschen ging es dem auch nicht.
20.01.2019 13:06 Uhr
Zitat:
Das Land war einigermaßen eigenständig, nicht so abhängig von Rußland, wie die anderen Ostblock-Länder, galt daher auch bei den Ostblock-Bürgern als "so ein Bißchen" westlich.


Jugoslawien zählte sich zu den "Blockfreien".
20.01.2019 14:44 Uhr
Zitat:
In Serbien sind uns keine Titoverehrer begegnet.

Das mag sein, doch in Deutschland kenne ich Serben, deren einziger Kritikpunkt an Tito ist, daß er kein Serbe war. Sie vermissen die relativen Privilegien, die Serben in der jugoslawischen Armee hatten.

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