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Fragenübersicht War das Jahr 1866 nicht auch sowas wie erste Teilung Deutschlands?
Anfang-2026 - 45 / 45 Meinungen
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04.06.2020 10:04 Uhr
@J.Bercow

Das war keine Option. Dem erteilte Schwarzenberg bereits 1850 eine Absage.

Das war realpolitisch undenkbar. Die Monarchie wollte weder aus Deutschland austreten. Kronprinz Rudolf hielt die Abdrängung auf den Balkan für einen Fehler, da sie in einen Konflikt mit Russland führen musste.

Hat sich als richtig erwiesen.



04.06.2020 10:13 Uhr
Zitat:
Das war realpolitisch undenkbar. Die Monarchie wollte weder aus Deutschland austreten. Kronprinz Rudolf hielt die Abdrängung auf den Balkan für einen Fehler, da sie in einen Konflikt mit Russland führen musste.

Hat sich als richtig erwiesen.


Das ist schon spannend: Sowohl Kronprinz Rudolf als auch Erzherzog Franz Ferdinand hatten erkannt, dass Österreich(-Ungarn) im Zeitalter der Nationalstaaten schon lange ein Anachronismus geworden war. Deshalb fehlte den Habsburgern auch eine zündende Gegenidee zur preußischen Machtpolitik in Deutschland.

Die Tragik Österreich-Ungarns war, dass zur Zeit der Monarchie die Völker herauswollten und nach ihrem Untergang man ihr nachtrauerte.
04.06.2020 10:13 Uhr
Eine "universelle Reichsidee", die sich auf Karl bezieht, lehne ich ab.

Als Pennalkorporierter, der dem Burschenschaftlichen Gedanken verbunden ist, war mir das Bismarck-Reich zu klein. Ich halte es da eher mit der Vereinigung des gesamten deutschen Kulturraums, also mindestens "von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt".

Als nicht völlig verträumter Berliner und damit gebürtiger Preuße ist mir aber klar, daß nur die "kleindeutsche Lösung" von 1871 möglich war.

Aus heutiger Sicht sehe ich es so, daß nach 1848 der romantische Reichsgedanke kapitalistisch und machtpolitsch pervertiert wurde. Seit 1871 geht es bergab.
04.06.2020 10:15 Uhr
@Optimist

Die Problematik ist eher, dass man nicht erkannte, dass man hier ein realpolitisches Gewicht hat.

53 Mio Menschen, da kann man nicht einfach als Großmacht drübersteigen. Ein Staat mit 6, 15, 10 Mio, da sieht es anders aus.

Zudem man wohl sagen muss, dass die Deutsch-Österreicher aus der Monarchie,wohl in den nach 45 noch existenten Siedlungsräumen, es am besten erwischt haben.

Der Rest wurde erst von den Nazis ausgebeutet und niedergeknüppelt und dann von den Russen.



04.06.2020 10:18 Uhr
Zitat:
Aus heutiger Sicht sehe ich es so, daß nach 1848 der romantische Reichsgedanke kapitalistisch und machtpolitsch pervertiert wurde. Seit 1871 geht es bergab.


Bei dem Schlussgedanken widerspreche ich. Wir erleben seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine Renaissance des Reichsgedankens in Gestalt der Europäischen Integration. Da findet sich in zeitgemäßer Form vieles von dem wieder, was mit dem abendländischen Begriff "Reich" ("Imperium") verbunden ist.
04.06.2020 10:20 Uhr
Zitat:
.Zudem man wohl sagen muss, dass die Deutsch-Österreicher aus der Monarchie,wohl in den nach 45 noch existenten Siedlungsräumen, es am besten erwischt haben.


Ich bin was die kakanische Nostalgie angeht, vermutlich zu stark von Joseph Roth geprägt worden.
04.06.2020 10:23 Uhr
@Optimist

Guter Mann!

Ich habe mir Radetzkymarsch als Taschenbuch vor kurzem organisiert.

Mal sehen, wann ich es auch lese, bei meinem Bücherhaufen


04.06.2020 10:45 Uhr
Zitat:
@Ratio legis

Auch das 2. Reich war in Wahrheit kein wirklicher Einheitsstaat, wenn man es sich genau überlegt.

Auch wenn preußisch dominiert, so gab es doch noch die anderen Fürstentümer als Bestandteile

Die Gliedstaaten hatten ausgeprägte Rechte.




Das stimmt, so wie fast die gesamte Verfassung des Kaiserreichs eigentlich eine ziemlich schiefe und krude Konstruktion war. So viele Machtambivalenzen zu kreieren und zu institutionalisieren ist schon ein ganz besonderes Meisterwerk.

Aber einen Unterschied gibt es schon: Die Konstruktion Deutschland bekam durch das Kaiserreich eine eigene, nach außen gerichtete einheitliche Rechtspersönlichkeit. Das ist die formale Komponente.

Je mehr ich mich mit diesen Fragen befasse komme ich aber immer mehr zum Ergebnis, dass die Konstruktion eines einheitlichen Deutschlands als Nation und Kultur eigentlich eine sehr moderne Entwicklung ist, die sogar jetzt noch in ihren Kinderschuhen steckt. Nach vielen Jahrzehnten Grundgesetz hat sich inzwischen sowas wie eine gefestigte deutsche Verfassungskultur entwickelt, aber auch hier zeigen sich seit 1990 wieder ganz neue Krisentendenzen.

Es ist doch auch ganz interessant mal in die Zukunft zu blicken und zu fragen, ob es in - sagen wir - 50 Jahren ein gefestigtes Bild von dem was wir Deutschland nennen geben wird.
04.06.2020 10:54 Uhr
Zitat:
Das war keine Option. Dem erteilte Schwarzenberg bereits 1850 eine Absage.


In der Realpolitik ist es mit finalen Absagen immer so eine Sache ;-).

Daher schrieb ich auch "Eine Option (zugegeben nicht allzu realistisch)".
04.06.2020 11:05 Uhr
Zitat:
Wir erleben seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine Renaissance des Reichsgedankens in Gestalt der Europäischen Integration. Da findet sich in zeitgemäßer Form vieles von dem wieder, was mit dem abendländischen Begriff "Reich" ("Imperium") verbunden ist.

Unter anderem DAS meine ich mit dem Bergabgehen.
04.06.2020 11:19 Uhr
Zitat:
Für einen romantischen und übernationalen Reichsgedanken war im Europa des 19. Jahrhunderts ansonsten kein Platz. Der Titel "Deutscher Kaiser", den der König von Preußen 1871 erhielt, war eigentlich als "Bundespräsidium" gedacht. Eigentlich ein großer Etikettenschwindel, mit dem man das nationalliberale Lager in Deutschland aber gewonnen hat.


Zumal fast alle Amtsinhaber in Drucksituationen ihre Autorität im Zweifel auf die preußische Krone zurückführten.
04.06.2020 11:23 Uhr
Zitat:
Bei dem Schlussgedanken widerspreche ich. Wir erleben seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine Renaissance des Reichsgedankens in Gestalt der Europäischen Integration. Da findet sich in zeitgemäßer Form vieles von dem wieder, was mit dem abendländischen Begriff "Reich" ("Imperium") verbunden ist.


Der Gedanke und dieser Vergleich wird immer populärer, u.a. auch deshalb wei die Union inzwischen ein fast schon als unübersichtlich zu bezeichnendes Institutionengeflecht aufgebaut hat und der ein oder andere deshalb dazu neigt, Pufendorfs Reichscharakterisierung auf die Union zu übertragen.

Wenn man die Entwicklungen betrachtet gibt es auch viele parallele Aspekte, z.B. die eben genannte zunehmende Institutionalisierung. Das hat das HRR auch erlebt bis es letztlich zerbrochen ist.

Die EU macht aber anders als das HRR keine Entwicklung vom Personenverbandsstaat zum Territorialstaat durch. Deshalb muss dieser Vergleich m.E. sehr vorsichtig dosiert werden. Es sei denn, der Territorialstaat befindet sich in der gleichen Phase wie im späten HRR der Personenverbandsstaat und uns steht eine neue Staatsform bevor.
04.06.2020 11:26 Uhr
Wohl eine jener Umfragen, die ich persönlich in Stil und Umgang im Rahmen der Diskussion und auch der Breite der Beiträge und auch doch im Rahmen des Tiefganges für gelungen halte.

04.06.2020 11:43 Uhr
Zitat:
wei die Union inzwischen ein fast schon als unübersichtlich zu bezeichnendes Institutionengeflecht aufgebaut hat


Ich denke, das ist relativ unstrittig.

Allerdings frage ich mich, ob der Vergleich nicht dahingehend hinkt, als dass das HRR nicht nur an den inneren Problemen sondern auch oder in erster Linie daran, gescheitert ist, dass die Grenzregionen gewaltsam im Reich gehalten werden mussten und irgendwann war Frankreich zu stark.

Wenn man das weiterdenkt, könnte man auf die Idee kommen, dass ein Zentralstaat stärker ist und auf die EU übertragen dann doch einen Zentralstaat mit Hauptstadt Brüssel haben könnte.

Diese Meinung wurde zuletzt geändert am 04.06.2020 11:45 Uhr. Frühere Versionen ansehen
04.06.2020 12:46 Uhr
Zitat:
Gab es vor 1866 schon einen deutschen Staat?


Ja gab es.
Nur weil er andert organisiert war heisst es nicht das er nicht existent war.
05.06.2020 10:29 Uhr
Die "Teilung" begann meines Erachtens schon früher, im Vorfeld des Dreißigjährigen Kriegs, mit der Spaltung in katholisch und protestantisch.
Wobei man anmerken muss, dass es ja eine Einheit im heutigen Sinne bis zur Neuzeit nicht gab.
05.06.2020 11:55 Uhr
Der Ruf nach deutscher Einheit war ja laut zu vernehmen, man erinnerte sich - sicher ziemlich romantisierend - an das "gute alte Reich", welches formal 1804 mit der Niederlegung der Krone durch Kaiser Franz II. endete. Das da zuvor schon wenig "Einigkeit" herrschte, ist mal ein anderes Thema.

Das tiefe (oder mindestens ein zentrales) Problem der "Einigung" war die Frage: groß- oder kleindeutsch. Das Haus Habsburg herrschte nur über einen vergleichsweise kleinen Teil Deutsche, um so mehr aber über Ungarn, Kroaten, Rumänen, Ruthenen, Tschechen etc. etc. Die großdeutsche Lösung, also ein Reich unter Führung Österreichs, hätte einen Universalstaat bis in den tiefsten Balkan geschaffen, der mutmaßlich bald implodiert wäre. Die kleindeustche Lösung war deshalb die naheliegende. Daß sich 1866 Bayern, Sachsen, Hannover, Württemberg und andere auf die Seite Österreichs stellten, dürfte weniger mit Sympathien für Habsburg, als mit der Aversion gegen eine zu starke Abhängigkeit von Preußen zu tun gehabt haben.
05.06.2020 15:15 Uhr
Wenn, dann war die Teilung 60 Jahre früher, als die Habsburger das HRRDN verließen. Immerhin kamen sie ja 1866 gut weg. Sie konnten analysieren, wo sie rückständig waren und hatten gnädige Friedensbedingungen. Damit war die Feindseligkeit auch beendet. Und wie hätten sie auch vor dem Weltkrieg sich Deutschland anschließen können? Selbst ohne Ungarn waren da noch zu viele Fremdvölker dabei.
05.06.2020 15:19 Uhr
Autriche:
Natürlich waren die Einzelstaaten noch weitgehend souverän. Aber wirtschaftlich gab es einen gewaltigen Aufschwung durch Normierung. Da gab es riesige Defizite, bis zur Einheitszeit.
06.06.2020 06:56 Uhr
Die Einheitszeit verdanken wir übrigens der Eisenbahn, die damals noch Wert auf Pünktlichkeit legte. Jetzt verstehe ich auch, warum es noch Kaiserbanner in der dol-Wahlschlacht gibt.
  GRUENE   IDL   SII, KSP   FPi
  CKP, KDP   UNION   NIP   LPP
  Volk, Sonstige
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