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[Themenwoche Corona]Wie bewertest Du das Spektrum von Technokratie und Dezisionismus? |
Klassischerweise wird die Interaktion zwischen Wissenschaft und Politik auf einem Spektrum zwischen „Technokratie“ und „Dezisionismus“ beschrieben (vgl. Grunwald,
2008, S. 12ff.). Technokratie bezeichnet dabei eine Dominanz
politischer Prozesse durch wissenschaftliches Wissen, das
als alleinige Richtschnur politischen Handelns angesehen
wird. In einem technokratischen Verständnis sind wissenschaftliche Empfehlungen alternativlos richtig – und politische Debatten letztlich überflüssig. Während im Kontext
wissenschaftlicher Politikberatung seit langem vor Technokratie gewarnt wird (für einen Überblick siehe Münkler,
2020), ist der Begriff des Dezisionismus weniger prominent.
Damit ist eine reine Eigensinnigkeit der politischen Entscheidung gemeint – mitsamt einer rein politischen Steuerung der Schnittstelle zur Wissenschaft. Was relevant ist,
wird in einem dezisionistischen Verständnis also politisch
festgelegt, und Wissenschaft hat keine Möglichkeit, Themen
auf die politische Agenda zu bringen (Hoppe, 2005). Beide
Modelle zeichnen damit die Leitplanken vor, zwischen denen wissenschaftliche Politikberatung navigieren und sich
gleichermaßen von der Skylla der Technokratie wie der
Charybdis des Dezisionismus fernhalten muss.
https://www.bundeskanzleramt.gv.at/dam/jcr:0668fa51-0122-4efe-a49e-6270a3a05840/82a_1_bei_NB.pdf |
| Ich schreibe etwas | 0,0% | (0) | | Ich schreibe nichts | 0,0% | (0) | | Ich weiß nichts | 25,0% | (1) | | Ich kann nichts | 0,0% | (0) | | Diskussion | 25,0% | (1) | | Bimbes | 50,0% | (2) | | | | |
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[Themenwoche Corona] Bedarf es in Zeiten einer Krise wie Corona einer vernünftigen Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft, welche eine Objektivität garantiert? |
Die Lücke zwischen Wissenschaft und Politik kann also
nicht geschlossen werden, indem eine Seite die Rationalität
der anderen übernimmt. Vielmehr bedarf es einer Überbrückung zwischen der Erzeugung und der Nutzung von
Evidenz. In wissenschaftlicher Politikberatung kommt Wissenschaft also in ein Naheverhältnis zu Politik.
In wissenschaftlicher Beratung geht es deshalb auch
nicht um Wissenschaft im Sinne einer wissenschaftlichen
Methode oder Logik der Forschung, sondern um Expertise – wissenschaftliches Wissen also, das für politische Entscheidungen relevant ist. Mit anderen Worten: Wissen, das
weniger auf die Erklärung von Phänomenen als vielmehr
auf die Bereitstellung von Ressourcen für Problemlösungen
ausgerichtet ist (Büttner & Laux, 2021, S. 20ff.) und sich damit nicht nur als epistemisch, sondern auch als politisch robust
erweisen muss (Lentsch, 2016, S. 321). Anders als Evidenz
ist Expertise dabei meist personengebunden: Es reichen
nicht die Fakten allein, sondern es bedarf auch der Expertin, die einordnen, kontextualisieren und einen Ãœberblick
verschaffen kann (Büttner & Laux, 2021, S. 21). Die Personengebundenheit von Expertise spiegelt sich in der Praxis
in zweierlei Formen: Entweder lässt sich die Politik durch
Einzelexpert:innen oder durch Kommissionen beraten.
Interessant ist deshalb nicht das innerwissenschaftliche
Funktionieren, sondern die Schnittstelle der beiden Systeme Wissenschaft und Politik und ihre Interaktion. Beratung mittels Expertise ist selbstverständlich nur eine von
vielen möglichen Schnittstellen zwischen diesen beiden
Systemen, jedoch – nicht nur im Falle von Krisen – eine
bedeutende. Gremien können dabei als eine institutionalisierte Ausgestaltung dieser Schnittstelle verstanden
werden. Zusammengefasst: Beratungsgremien operieren
an der Schnittstelle, indem sie wissenschaftliches Wissen in Form von Expertise als Entscheidungshilfe für politische Prozesse anbieten.
https://www.bundeskanzleramt.gv.at/dam/jcr:0668fa51-0122-4efe-a49e-6270a3a05840/82a_1_bei_NB.pdf |
| Ja | 20,0% | (1) | | Nein | 0,0% | (0) | | In Teilen | 20,0% | (1) | | Diskussion | 20,0% | (1) | | Bimbes | 40,0% | (2) | | | | |
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[Themenwoche Corona] Bedarf es eines vernünftigen politischen Willens, dass man die Wissenschaft in Krisenzeiten vernünftig einbindet und soll das eine Zukunftsmusik sein? |
Unsere zentrale These lautet, dass sich in der spezifischen Institutionalisierungsform der GECKO ein politischer
Wille zur Herstellung von Übersichtlichkeit und Eindeutigkeit äußert. Weil die beratende Wissenschaft darauf festgelegt wurde, klare Antworten auf konkrete Fragen zu geben,
war einerseits ein reibungsloser, effizienter Beratungsablauf
garantiert; andererseits aber gerieten Alternativen (andere
Fragestellungen und Problemperspektiven) kaum in den
Blick. Für zukünftige Krisen sollte man die Einrichtung gut
ausgestatteter Beratungsgremien rechtzeitig vorbereiten, in
denen jene notwendige Perspektivenvielfalt abgebildet ist,
die man für offene Abwägungsprozesse braucht.
https://www.bundeskanzleramt.gv.at/dam/jcr:0668fa51-0122-4efe-a49e-6270a3a05840/82a_1_bei_NB.pdf |
| Ja | 33,3% | (1) | | Nein | 0,0% | (0) | | In Teilen | 33,3% | (1) | | Diskussion | 33,3% | (1) | | Bimbes | 0,0% | (0) | | | | |
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[Themenwoche Corona] Ist der Empfehlung in Hinblick auf die politischen Prozesse zu folgen, wie sie hier für Österreich empfohlen werden? |
Die vorstehenden Ausführungen hatten zum Ziel, den politischen Prozess rund um die Impfpflicht in Österreich zu
analysieren. Im Zentrum standen dabei die Debatten vor
und nach dem Beschluss der allgemeinen Impfpflicht sowie
die politische Legitimationsrhetorik. Es ging weder darum,
die medizinische oder epidemiologische Wirksamkeit der
Maßnahme noch ihre ethisch oder rechtswissenschaftlich zu
begründende Verhältnismäßigkeit zu untersuchen. Selbst
in Hinsicht auf den politischen Diskurs musste die Analyse
zwangsläufig selektiv bleiben; sollten sich allerdings aufgrund der in Abschnitt 2 dokumentierten Theorieentschei
dungen sowie der in Abschnitt 5 dargestellten empirischen
Rekonstruktion fruchtbare Ansatzstellen für weitere (interdisziplinäre) Untersuchungen bieten, hätte diese Pilotstudie
bereits ihren Zweck erfüllt.
In theoretischer Hinsicht basierte die Analyse auf der Annahme, dass Vertrauen eine zentrale Ressource in fragmentierten, pluralistischen Gesellschaften ist. Das gerade auch
beim Thema Impfen so wichtige Institutionenvertrauen wird
in politischen Zielkonflikten, bei denen verschiedene Grundwerte miteinander in Konflikt geraten, vor allem über die
Qualität der politischen Entscheidungs- und Kompromissbildung hergestellt (deliberatives Ideal). Zu Legitimationszwecken politische Entscheidungen außer Streit zu stellen
und auf Sachzwänge zu verweisen wird nur selten überzeugen. Natürlich kann es Krisensituationen geben, in denen es
aufgrund verschärften Entscheidungsdrucks tatsächlich nur
eine vertretbare Option gibt („Tornado-Politik“). Doch schon
der Ländervergleich hat deutlich gemacht (Abschnitt 3), dass
es im Fall der Impfpflicht Alternativen gab.
Gerade im Fall politischer Zielkonflikte ist eine plurale,
transparente und ergebnisoffene Debatte unverzichtbar.
Schließlich setzt jeder Versuch, die Kontroverse mithilfe eines
vermeintlichen Sachzwangs zu unterbinden, bestimmte Werte absolut, weil der dem Zielkonflikt zugrunde liegende Wertkonflikt gar nicht ausgetragen werden kann
https://www.bundeskanzleramt.gv.at/dam/jcr:0668fa51-0122-4efe-a49e-6270a3a05840/82a_1_bei_NB.pdf |
| Ja | 0,0% | (0) | | Nein | 0,0% | (0) | | In Teilen | 50,0% | (1) | | Diskussion | 0,0% | (0) | | Bimbes | 50,0% | (1) | | | | |
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[Themenwoche Corona] Denkst Du, dass die Moralisierung im Rahmen der Coronadebatte und auch der Impfpflicht, der Sache mehr geschadet als geholfen hat? |
Gefahren der Moralisierung: Wer glaubt, einen Kampf gegen das schlechthin Böse zu führen, wird leicht dazu verleitet, Gewalt für legitim oder sogar geboten zu halten.
Streit und Konflikte tragen zur Dynamik liberal-demokratischer Gesellschaften bei und sind daher nicht von vornherein problematisch. Wenn Gesellschaften jedoch angesichts
der Langwierigkeit und Komplexität einer Krise zunehmend
unter Stress geraten, drohen Konflikte unversöhnlich zu werden. Schließlich entwickeln sich im Laufe der Zeit – wie die
Pandemie gezeigt hat – ganz unterschiedliche Perspektiven
auf die Krise und damit auch unterschiedliche politische Programme und Präferenzen. Durch diese Ausdifferenzierung
von Wertstandpunkten wird eine weitgehende Einigung aller
Beteiligten immer schwieriger. Die Chance auf Verständigung
sollte jedoch erhalten bleiben und nicht durch Moralisierung
verspielt werden. Andernfalls erodiert die gemeinsame Gesprächsbasis, die das konstruktive Austragen von Konflikten
ermöglicht. Es entsteht Polarisierung oder in anderen Worten: Gräben, die später zugeschüttet werden müssen.
https://www.bundeskanzleramt.gv.at/dam/jcr:0668fa51-0122-4efe-a49e-6270a3a05840/82a_1_bei_NB.pdf |
| Ja | 75,0% | (3) | | Nein | 0,0% | (0) | | In Teilen | 25,0% | (1) | | Diskussion | 0,0% | (0) | | Bimbes | 0,0% | (0) | | | | |
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